Anlagenbau und Komponenten

Multivac: Optionen zur Automation im Verpackungsprozess - von der Zuführung und dem Beladen über Kennzeichnung und Inspektion

Neben zuverlässiger Kontrolle im hohen Leistungsbereich bietet die Automation in der Fleischverarbeitung viele weitere Vorteile

18.04.2019 - Die Lebensmittelindustrie boomt.

Die Lebensmittelindustrie boomt. Immer mehr frische und verarbeitete Lebensmittel, Snacks, Fertiggerichte und Convenience-Produkte müssen produziert und verpackt werden. Doch es ist schwieriger geworden, geeignete oder qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Insbesondere im Fleischwarenbereich herrscht derzeit akuter Personalmangel. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Hygiene und an die Qualität. Ein Ausweg aus dem Dilemma sind Automatisierungslösungen. Roboter jedoch werden in der Fleischwirtschaft bislang noch recht verhalten eingesetzt.

Im Vergleich zu anderen Branchen weist die Lebensmittelindustrie immer noch einen geringen Automatisierungsgrad auf. Jährlich werden nur etwa 3 % der Roboter in die Lebensmittelindustrie verkauft. Der größte und auch am meisten wachsende Markt ist der Bereich Automotive mit rund 100.000 verkauften Industrierobotern pro Jahr, gefolgt von der Elektro- und Elektronikbranche, der Metall- sowie der Chemie-, Kunststoff- und Plastikindustrie.
Hauptursache für einen nur verhalten steigenden Automatisierungsgrad in der Lebensmittelbranche sind die verarbeiteten Produkte: Es handelt sich um natürliche, sensible und leicht verderbliche Ware. Der Verpackungsprozess muss in allen Teilbereichen individuell dem Produkt, seiner Form und seinen spezifischen Eigenschaften angepasst werden. Er lässt sich also kaum oder nur sehr schwer standardisieren.

Automatisierung bietet viele Vorteile

In der Vergangenheit wurden daher bei steigenden Absatzzahlen in der Regel mehr oder andere Maschinen eingesetzt, größere bzw. zusätzliche Produktionsstätten errichtet, mehr Menschen für die unterschiedlichen Tätigkeiten und auch für die Kontrolle beschäftigt. Heute ist es ungleich schwieriger, geeignetes Personal zu finden. Vor allem dann, wenn es sich um wenig attraktive oder immer wiederkehrende Aufgaben handelt. Deshalb stehen aktuell nicht nur größere, sondern auch kleine Unternehmen vor der Frage, wie sie die täglichen Anforderungen effizient und vor allem wirtschaftlich bewältigen können.

Personalmangel ist allerdings nicht der einzige Faktor, der die Betriebe dazu veranlasst, einen höheren Automatisierungsgrad anzustreben. Auch steigende Personalkosten durch die angespannte Wettbewerbssituation und die Einführung von Mindestlöhnen schlagen immens zu Buche. Alleine in den Jahren 2000 bis 2015 erhöhten sie sich auf 160 %. Im gleichen Zeitraum konnten die Verkaufspreise an den Lebensmitteleinzelhandel nur bedingt angepasst werden. Erschwerend wirken sich darüber hinaus die immer strengeren Hygieneanforderungen aus, die unter anderem durch die EFSA (European Food Safety Authority), die amerikanische FDA (Food and Drug Administration) sowie den IFS Food Standard, einem von der Global Food Safety Initiative anerkannten Standard für die Auditierung von Lebensmittelherstellern, vorgeschrieben werden. Und nicht zuletzt steigen auch die Anforderungen an das Produkt, bspw. was die Mindesthaltbarkeit oder die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit betrifft.

Einsatzmöglichkeiten für Automation

Für all diese Herausforderungen ist Automation ein zielführender Ansatz. Gerade im sensiblen Markt der Fleisch- und Wurstwaren reichen die Einsatzmöglichkeiten für Automatisierungslösungen innerhalb des Verpackungsprozesses von der Zuführung und dem Beladen über Kennzeichnung und Inspektion bis in den End-of-Line-Bereich mit Sekundärverpacken und Palettieren. Sinnvoll ist Automation allerdings nur dann, wenn der Automatisierungsgrad dem Bedarf des Unternehmens angepasst wird und sich wirtschaftlich darstellen lässt. Und wenn vor allem der Mensch im Prozess komplett ersetzt werden kann. Jedoch ist die Stelle, an der die meisten Menschen eingesetzt werden, nicht immer die beste Stelle, um Automatisierungskomponenten zu integrieren.

Zuverlässige Kontrolle im hohen Leistungsbereich

Ein Teilprozess, der sich in jedem Fall sinnvoll automatisieren lässt, ist der Bereich Kontrolle bzw. Inspektion. War bisher der Mensch als Kontrollinstanz für Produkt, Verpackung und Kennzeichnung das „Maß aller Dinge“, lässt sich eine zuverlässige Kontrolle im hohen Leistungsbereich heute praktisch nicht mehr auf diese Art durchführen. Auch einzelne Stichproben genügen in der Regel nicht, um die gesetzlichen Vorgaben erfüllen und letztendlich die Verbrauchersicherheit gewährleisten zu können. Denn die Anforderungen gerade in der Lebensmittelindustrie sind sehr komplex. So müssen Packgut und Verpackung auch bei hohem Durchsatz zuverlässig auf sichtbare Fremdkörper hin überprüft werden. Hinsichtlich der Qualität ist sicherzustellen, dass z. B. das zu verpackende oder verpackte Fleisch nicht unerwünschte Eigenschaften aufweist, die richtige Menge Würstchen in die Verpackung eingelegt werden oder die Schinkenscheiben in der Tiefziehverpackung korrekt angeordnet sind.

Ebenso birgt der Bereich Kennzeichnung eine Vielzahl möglicher Fehlerquellen: Ist das Etikett an der richtigen Stelle aufgebracht? Wurde es überhaupt appliziert? Ist der Barcode lesbar? Enthält er alle relevanten Informationen? Wurde ein korrektes Mindesthaltbarkeitsdatum angegeben? Entsprechen alle Angaben den im System hinterlegten Referenzdaten?

Um sicherzugehen, dass nur korrekte Verpackungen in den Verkauf gelangen, muss also tatsächlich jede einzelne Packung überprüft werden. Diese Aufgabe erledigen nur automatische Inspektionssysteme schnell, präzise und dauerhaft zuverlässig. Als Kennzeichnungsspezialist, der das gesamte Lösungsspektrum für Aufgaben der Kennzeichnungskontrolle abdeckt, bietet Multivac hierzu ein umfangreiches Produktportfolio, das von der Kontrolle von Anwesenheit und Position (Etikett, Druckbild, Produkt) über die Texterkennung und Textprüfung (OCR, OCV), Lesbarkeit und Inhaltsanalyse von ein- und zweidimensionalen Codes bis zur Mustererkennung reicht. Die Lösungen können entweder direkt in Verpackungslinien integriert oder als Stand-alone-Lösung ausgelegt werden. Zu den am häufigsten genutzten Inspektionssystemen zählen dabei einfache Sensoren, Barcodeleser, Vision Sensoren sowie intelligente Kamerasysteme.

Vor- und nachgelagerte Prozesse bieten zahlreiche Optionen

Aber nicht nur bei der Inspektion, auch in den der Verpackungsmaschine vor- wie nachgelagerten Prozessschritten lohnt sich Automatisierung. Meist handelt es sich um wiederkehrende oder auch schwere Tätigkeiten, die wenig ergonomisch sind. Beispiele hierfür sind das Einlegen von Fleisch- oder Wurstwaren in eine Verpackung, das Einlegen von Primär- in Sekundärverpackungen oder das Stapeln der Kartons auf eine Palette. Doch auch wenn sich diese Bereiche in hohem Maße für Automation eignen – sobald natürliche Rohstoffe verarbeitet werden, bedarf es einer gewissen Flexibilität.

Ein Unternehmen, das hochflexibel verpacken muss, ist Radeberger Fleisch- und Wurstwaren. Seit rund 25 Jahren kommen dort bedienerfreundliche, hocheffiziente Verpackungsmaschinen und Automatisierungskomponenten von Multivac zum Einsatz. Mittlerweile sind insgesamt acht Anlagen in Betrieb, darunter ein Würstchenroboter, der die über 30 Naturdarm-Würstchensorten mit hoher Leistung sauber, ordentlich und in der gewünschten Stückzahl in die Packungsmulden einlegt. Damit das Handhabungsmodul H 240 die unterschiedlichen Würstchen auch gut greifen kann, werden sie zuvor über ein entsprechendes Zuführband sortiert und vereinzelt.

Gut automatisieren lässt sich zudem der Verpackungsprozess für Aufschnittware. Hier können unterschiedliche Handhabungsmodule innerhalb einer Verpackungslinie in hohem Maße zu einem deutlich effizienteren und auch hygienischeren Prozess beitragen, denn der Mensch ist immer noch das größte hygienische Risiko beim Verpacken von sensiblen Fleischwaren. Auf der Anuga FoodTec 2018 zeigte Multivac z. B. eine komplette Linie für das Verpacken von geslicter Ware, die sich gegenüber herkömmlichen Lösungen im Markt durch einen signifikant reduzierten Footprint auszeichnet.
Die Multivac Lösung umfasst die kompakte, flexible Tiefziehverpackungsmaschine R 245, die mit dem Horizontal Loader, einem produktschonenden und hygienischen Beladesystem für ­geslicte Produkte, ausgestattet ist. Alternativ kann auch ein leistungsfähiger Pick-and-Place-Roboter zum Einsatz kommen, der ebenfalls darauf ausgelegt ist, geslicte Produkte mit hoher Leistung sicher und hygienisch in die Packungen einzulegen.

Ein weiteres Anwendungsfeld für einen Industrieroboter ist zudem das Aufnehmen von jeweils einer einzigen oder von mehreren Lebensmittelverpackungen, um diese dann gleichmäßig oder auch versetzt in einen Karton oder Mehrwegbehälter abzulegen. Darüber hinaus können diese Sekundärverpackungen mit einem Handhabungsmodul problemlos palettiert werden. Entsprechend der Größe des Produktionsraumes, der benötigten Funktionalitäten und der gewünschten Leistung können die Module individuell mit Zwei-, Drei- oder Vierachsrobotern und passenden Greifersystemen ausgestattet werden. Sie sind für variierende Produkte, Packungsformate, Gewichte und Taktzeiten flexibel einsetzbar und erfüllen dank des Multivac Hygienic Design die Anforderungen der Lebensmittelindustrie.

Aber immer gilt es, die jeweiligen Begebenheiten sorgfältig zu analysieren, Bedarfe und Anwendungen zu definieren und daraus gemeinsam mit dem Kunden eine auf ihn zugeschnittene Lösung zu entwickeln. Dies können nur Unternehmen aus der Zulieferindustrie leisten, die über erfahrene Mitarbeiter sowie über das notwenige Portfolio verfügen.

Nicht nur Personalkosten, sondern auch Materialkosten sparen

Insgesamt gesehen können Handhabungsmodule also in etlichen Bereichen des Verpackungsprozesses eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen, die zuvor der Mensch erledigt hat. Hinsichtlich der Prozesssicherheit, der Hygiene, der Effizienz und der Wirtschaftlichkeit steht der Einsatz eines Roboters ohnehin außer Frage. Zudem lässt sich auch Verpackungsmaterial reduzieren, denn mit Hilfe von Automatisierung können bspw. Verpackungen auch kleiner gestaltet und damit Material eingespart werden.

Der verringerte Einsatz von Kunststoffen in der Wurst- und Fleischverpackung macht sich ebenso wie niedrigere Personalkosten natürlich positiv in der Bilanz bemerkbar. Er ist mit Blick auf das neue Verpackungsgesetz, das seit Anfang 2019 in Kraft ist, sowie auf die EU Kunststoffstrategie, die einen deutlich verringerten Einsatz von Kunststoff und die Recyclingfähigkeit der in der Verpackungsindustrie eingesetzten Materialien fordert, absolut zielführend.

Gerade beim Thema Packstoffreduzierung gibt es eine Vielzahl weiterer Lösungsansätze. Neben innovativen Schneidsystemen wie etwa dem BAS 20 von Multivac, der auf allen Tiefziehverpackungsmaschinen eingesetzt und auf eine abfallfreie Schneidung ausgelegt werden kann, rücken hierbei vor allem modernen Verpackungstechnologien wie etwa Multifresh oder Shrink-Verpackungen in den Fokus. Damit lassen sich insgesamt rund 50 bis 60 % Verpackungsmaterial einsparen, ohne dass die Stabilität oder die Schutzfunktion der Packung beeinträchtigt wird.

Bei Multifresh handelt es sich um ein Verpackungssystem für hochwertige Vakuum-Skin-Verpackungen, die formstabile und auch weiche Lebensmittel zuverlässig schützen, ohne sie zu verformen. Dabei legt sich die hochtransparente Oberfolie wie eine zweite Haut vollflächig um das Produkt und fixiert es in der Packung, wodurch diese stehend, hängend oder liegend am Point of Sale präsentiert werden kann. Die qualitativ hochwertigen Skinfolien verfügen über besonders gute mechanische Eigenschaften und sind dadurch auch für die Substitution dickerer Materialien geeignet.

Bei Schrumpfverpackungen und speziell bei dem Multivac Formshrink-Verfahren wird das Packgut in einer schrumpffähigen Spezialfolie verpackt. Die Schrumpfeigenschaften der Folie werden durch einen kurzen Kontakt mit heißem Wasser aktiviert. Beide Verfahren reduzieren den Materialverbrauch beim Verpacken signifikant – und damit auch die Kosten.

Übergeordnete Steuerung aller Linienkomponenten

Die Potenziale eines höheren Automatisierungsgrades in Bezug auf Effizienz, Prozesssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Bedienbarkeit können jedoch nur dann voll ausgeschöpft werden, wenn alle Module in die Maschinensteuerung integriert und über ein einziges Bedienterminal gemanagt werden können. In Multivac Verpackungslinien verbindet die übergeordnete Multivac Line Control alle Komponenten der Verpackungslinie des Kunden und koordiniert diese, bis hin zur Anbindung an das ERP-System. Das gewährleistet präzise, reproduzierbare und transparente Prozesse – und erfordert nur ein Minimum an Bedienpersonal.

Während bislang alle spezifischen Parameter und Konfigurationen auch an allen einzelnen Linienkomponenten, etwa Handhabungsmodulen, Inspektions- oder Etikettierlösungen, vorgenommen und bei einem Produktwechsel jeweils auf das neue Produkt umgestellt werden mussten, sind mit einer übergeordneten Rezeptverwaltung die Einstellungen der einzelnen Linienkomponenten in Form von Unterrezepten mit dem Hauptrezept verknüpft, das an der Verpackungsmaschine aufgerufen wird. Das HMI sendet beim Aufrufen des Rezepts für ein bestimmtes Produkt automatisch an alle Linienkomponenten die Meldung, die entsprechenden Unterrezepte aufzurufen. Der Verpackungsprozess wird also insgesamt einfacher, schneller und effizienter – und kann auch von einem kurz eingelernten Mitarbeiter sicher gesteuert werden.

Schließlich muss bei einer weitgehend automatisierten Verpackungslösung gemeinhin das Ziel sein, den Footprint, also den Platzbedarf, der gesamten Anlage auf ein Minimum zu reduzieren. Ein automatisiertes Verpackungssystem sollte nicht mehr Fläche in Anspruch nehmen als eine konventionelle Lösung. Dies gelingt nur, wenn die Verpackungsmaschine ein Teil der Automatisierung wird und alle Automatisierungskomponenten wie z. B. in der Slicer-Lösung intelligent integriert werden.

Contact

Multivac Sepp Haggenmüller SE & Co. KG

Bahnhofstr. 4
87787 Wolfertschwenden
Deutschland

+49 8334 601 495

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