Ein Vortrag von Dr. Jörg Zacharias, Krones, auf dem 15. FEI-Kooperationsforum: Reinigungsstrategien für die Getränkeindustrie
Prozessdesign bei Membranprozessen und Reinigungsstrategien in der Wasseraufbereitung
Anlässlich des 15. FEI-Kooperationsforums im Universitätsclub Bonn am 26.4.2016 sprach Dr. Jörg Zacharias, Krones, zum Thema „Hygienisches Prozessdesign bei Membranprozessen und Reinigungsstrategien in der Wasseraufbereitung aus der Sicht eines Anlagenbauers der Getränkeindustrie“. Die LVT-Redaktion besuchte die Veranstaltung des Forschungskreises der Ernährungsindustrie (FEI) und berichtet hier über den Vortrag des Referenten.
Eingangs steckte Dr. Jörg Zacharias die Grenzen seines Themas ab: Die Produktion in der Brau- und Getränkeindustrie starte beim Rohwasser. Grundsätzlich beginne ein Prozess bei der Wasseraufbereitung und ende bei der Reinigung. Die Qualität des Produktwassers sei mit einem Anteil von über 90% einer der Schlüsselfaktoren für die Qualität des Endprodukts. Dabei verdiene neben der mineralischen auch die mikrobiologische Qualität des Rohwassers besonderes Augenmerk. Hinsichtlich der Reinigung leitete Zacharias die wichtigsten Aspekte ab: Das Prozessdesign habe sich an den Produktionskosten und der Nachhaltigkeit zu orientieren. Die kritischen Parameter dabei seien: Anlagen-Verfügbarkeit, Reinigungserfolg, Produktsicherheit sowie der Verbrauch von Wasser, Medien und Energie.
Optimierungskonzepte für Reinigungsverfahren zielten darauf, diese kürzer, sicherer und umweltfreundlicher zu machen und damit schlicht kostengünstiger. Für neue Optimierungskonzepte stellten sich damit die folgenden Fragen:
- Welcher Faktor hat den stärksten Einfluss auf den Prozess und den anschließenden Reinigungserfolg?
- Worin besteht der Engpass?
- Welche Parameter dürfen verändert werden?
Als Ausgangspunkt jeder hygienischen Strategie sei ein erweiterter Sinnerscher Kreis, so Zacharias. Dieser Kreis, benannt nach dem Tensidchemiker Herbert Sinner, ist ein Wirkungsmechanismus nach dem Reinigungsabläufe organisiert und durchgeführt werden und besteht in seiner ursprünglichen Konzeption aus den vier Grundparametern einer jeden Reinigung: der Konzentration des Reinigungsmittels, der Mechanik, der Temperatur und der Zeit. Die von Dr. Jörg Zacharias gezeigte Darstellung eines erweiterten Sinnerschen Kreises enthielt zusätzlich einen fünften und einen sechsten Faktor: die Anlage mit Design, Material, Rauigkeit, die Verschmutzung nach ihrer Beschaffenheit, Art, Menge.
Die Anlage (wie z.B. ein Füller in der Getränkeindustrie) mit ihrem hygienischen Design und ihrer konstruktiven Auslegung trage wesentlich zur Vereinfachung künftiger Reinigungsstrategien bei. Die Wirksamkeit der Reinigungsstrategien und deren notwendiger Umfang könne durch die Einschränkung der Verschmutzung wesentlich verbessert werden. „Eine geeignete allgemein gültige Modellierung des Sinnerschen Kreises gibt es nicht“, sagte Dr. Jörg Zacharias. Dabei strebe die „Krones-Philosophie“ nach einer Verfahrensweise mit minimiertem Einsatz von Energie, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln. Dies bedeute einerseits keine Desinfektion des Roh- und Produktwassers, verminderte Abreinigung von Schmutz, andererseits aber auch keinen aktiven „Netzschutz“ zur Vermeidung von Biofilmen und keine mikrobielle Stabilisierung von Wasserreserven.
Wasseraufbereitungsanlagen
Jörg Zacharias verwies auf die Krones Wasseraufbereitungsanlage Hydronomic für die gezielte Aufbereitung Ihres Rohwassers am Beispiel der Versionen MF (Medienfiltration), IX (Ionenaustauscher), UF (Ultrafiltration) und RO (Reverse Osmose). Kunststoffmembrane würden gerade in der Wasseraufbereitung eingesetzt. Von entscheidendem Einfluss für den Aufbereitungserfolg sei dabei die Konstruktion der Aufbereitung selbst, sowie der hygienische Gesamtprozess.
Besonders wichtig ist nach Zacharias die Reinigung der Membrane und ihre Sanitisierbarkeit gemeinsam mit der Gesamtkomponente. Entscheidend werde dabei
- eine Konstruktion ohne Totzonen und Sümpfe,
- eine Konstruktion mit hygienischen Anschlüssen,
- die Verträglichkeit des eingesetzten Materials gegenüber Reinigungs- und Desinfektionsmitteln.
Strategie bei Reinigung und Hygiene: Stand Heute
Die Strategie bei Reinigung und Hygiene nach heutigem Stand ist nach den Worten des Referenten vom Sicherheitsdenken dominiert. Der Reinigungserfolg solle ohne hygienisches Risiko erreicht werden, das führe zu der Reinigungsphilosophie „viel helfe viel“. Demzufolge werde lieber zu lange, zu heiß, zu intensiv ohne Rücksicht auf Ausfallzeiten und in der Regel immer gleich gereinigt. Der betriebene Aufwand sei damit wenig am wirklichen Reinigungsbedarf orientiert und damit durchweg zu hoch (Abb. 2).
Ziel einer hygienisch optimierten Technologie seien reduzierte Ausfallzeiten, reduzierte Gesamtbetriebskosten (TCO: Medien, Temperatur, Energie und Zeit), reduzierte Investitionskosten und ein reduziertes mikrobiologische Risiko (Umweltbelastung). Der notwenige Reinigungserfolg müsse ohne hygienisches Risiko erreicht werden (Abb. 3).
Grundsätze
Wie lässt sich nun desinfektionsmittelfrei arbeiten? Jörg Zacharias verwies auf folgende Grundsätze:
Wichtig ist die Minimierung der Ausgangskeimzahl und Vermeidung einer Reinfektion, die Minimierung der Zwischenspeicherung von Wasser, lückenlose Reinigbarkeit der Anlage und deren Rohrleitungen sowie die Verwendung von alternativen Methoden: „Chemiefreie Sanitisierung“.
Den Flaschenhals identifizieren
Anlagenübergreifend müsse ein Prozess neben der Funktionalität nachhaltig und gleichzeitig kostengünstig sein, so Zacharias. Dabei sei die gesamte Anlagen-CIP in diesen Prozess einzubeziehen. Das setze voraus, dass eine Anlage nicht nur als losgelöste einzelne Komponente betrachtet werden könne. Erkennbar werde dies, da die Nachhaltigkeit aber auch die Kosten am Ende auf den Gesamtprozess bezogen würden. Das bedeute, dass der Gesamtprozess nur so gut ist, wie der Flaschenhals des Prozesses.
Dieser müsse identifiziert werden. Genau dieser Ansatz gelte auch für das hygienische Anlagendesign und die Reinigung der Umgebung von Membrananlagen:
- korrekter Material- und Komponenteneinsatz mit durchgängigem hygienischem Design,
- Definition geeigneter CIP-Strategien,
- Einbettung in Randbedingungen des Produktionsortes und Evaluierung der Reinigung.
Mit der Summe dieser Maßnahmen werde es möglich, höchste mikrobiologische Sicherheit mit minimiertem Einsatz von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln zu gewährleisten. Allerdings gelte nach wie vor, dass ein Gesamtprozess nur so aseptisch, hygienisch und qualitativ hochwertig sei, wie der Flaschenhals des Prozesses handhabbar sei. Das Detail müsse funktionieren und das gebe Anlass zu einer ganzen Reihe von Fragestellungen:
- Was ist gerade genug gereinigt, aber sicher und wie kann das „Sicher“ bestimmt werden?
- Wie kann man also nach Bedarf zuverlässig aber minimal reinigen?
- An welchen Stellschrauben darf man wie weit drehen, an welchen nicht?
- Eine geeignete, allgemeingültige Modellierung des Sinnerschen Kreises gibt es nicht.
- Was können dabei Visionen sein?
- Wie geht das kostengünstig?
In diesem Zusammenhang stellten sich mit der Frage „Wo ist der Flaschenhals?“ auch immer die Fragen: „Geht das online?“ und „Wie sieht die Sensorik dafür aus?“ Innovatives Anlagendesign sei in der Pflicht, innovative, nachhaltige und kostengünstige Reinigungsprozesse für die Zukunft zu ermöglichen.