Weinerzeugung: Analysetechniken zur Bestimmung chemischer und physikalischer Parameter
Die Kontrolle der Weinparameter ist für die Erzeugung qualitätsvoller Spitzenweine unerlässlich
Dieser Artikel stellt einige der wichtigsten Parameter im Detail vor und zeigt auf, welche Messgeräte und -methoden sich zu ihrer Kontrolle besonders eignen.
Temperatur
Hefe wird bei sehr kalten Temperaturen träge und kann bei höheren Temperaturen abgetötet werden. Hohe Temperaturen im Fermentationsprozess können zudem bei bestimmten Hefestämmen zur Bildung von Schwefelwasserstoff und im Endprodukt zu Geschmackseinbußen führen. Die idealen Gärtemperaturen hängen von der Heferasse und dem gewünschten Endprodukt ab. In der Regel werden Weißweine bei kühleren Temperaturen (15 bis 20 °C) und Rotweine bei wärmeren Temperaturen (25 bis 30 °C) fermentiert [1]. Fruchtige aromatische Verbindungen, die für Weißweine charakteristisch sind, bleiben bei kühleren Temperaturen besser erhalten, während sich höhere Temperaturen bei Rotweinen günstig auf Tannin und Farbe auswirken. Die Temperatur ist auch bei Ausbau und Lagerung von Wein vor der Abfüllung wichtig. Rotweine werden bei 20 C ausgebaut, Weißweine bei 15 °C [2].
pH-Wert
Eine Vielzahl von Prozessen bei der Weinerzeugung hängt vom pH-Wert ab, einschließlich mikrobieller Stabilität, Oxidation und Farbe, Schwefeldioxidwirkung, malolaktischer Gärung, Proteinstabilität und sensorischer Eigenschaften. Der pH-Wert von Wein liegt je nach Sorte bei 2,8 bis 3,8. [3] Zur Kontrolle des pH-Werts während des gesamten Produktionsprozesses bewähren sich portable, wasserdichte pH-Meter in Verbindung mit einer Glassonde, welche zwei Elektroden enthält: eine Mess- und eine Referenzelektrode. Über eine Spannungsdifferenz zwischen den beiden Elektroden wird der pH-Wert ermittelt. Dieses Messsystem bietet gegenüber anderen Messmethoden, wie z. B. der Verwendung von Indikatorpapier oder -lösungen, große Vorteile. Die Messergebnisse sind genauer, gut reproduzierbar und können automatisch temperaturkompensiert werden. Die Bandbreite von pH-Messsystemen reicht vom einfachen Tester für schnelle Stichprobenkontrollen bis hin zu multifunktionellen pH-Metern, die bspw. auch die Speicherung von Messwerten, PC-Konnektivität und sogar Bluetooth-Funktionen bieten können. Bei den verwendeten Messelektroden ist besonders darauf zu achten, ob sie für die Messung in Wein und Most geeignet sind. Ein spezielles Elektrodendesign kann hier z. B. vor Verstopfungen und dadurch verursachten Messfehlern und vorzeitiger Elektrodenalterung schützen (Abb. 1).
Titrierbare und flüchtige Säuren
Der Säuregehalt eines Weins ist ausschlaggebend für seine Farbe, seine Stabilität und seine sensorischen Eigenschaften Die Schwankungsbreite des Gesamtsäuregehaltes beträgt je nach Weinart 4,0 bis 9,0 g/l [1], wobei süßere Weine in der Regel für ein ausgewogenes Verhältnis einen etwas höheren Säuregehalt benötigen.
Von Natur aus enthalten Trauben Wein-, Zitronen- und Apfelsäure. Bei der Fermentation entstehen Milchsäure und die flüchtigen Säuren Essig-, Propion-, Butter- und Bernsteinsäure, von denen vor allem die Essigsäure einen Hinweis auf den mikrobiellen Verderb des Weins geben kann. Der Gehalt an flüchtigen Säuren darf bei Weißwein 1,08 g/l und bei Rotwein 1,20 g/l nicht überschreiten [1].
Die Bestimmung von Säuren erfolgt über eine Säure-Base-Titration. Dabei dosiert man so lange eine Base (in der Regel Natronlauge, NaOH) zu der Most- oder Weinprobe, bis alle Säure neutralisiert wurde. Die Menge der zudosierten Base entspricht damit exakt der Menge der vorgelegten Säure. Im Fall der flüchtigen Säuren müssen diese zunächst durch Destillation aus dem Wein isoliert werden. Idealerweise erfolgt die Titration über ein automatisches Titrationssystem, welches über eine angeschlossene pH-Elektrode verfügt (Abb. 2). Bei dieser Art der Titration erfolgt die Zugabe des Titranten und die Bestimmung des Titrationsendpunktes vollautomatisch. Damit arbeitet ein solches System gegenüber einer manuellen Titration wesentlich präziser, und Fehler, etwa durch die individuelle Beurteilung eines Farbumschlags oder Übertitration, werden vermieden. Darüber hinaus bieten diese automatischen Titrationssysteme eine Vielzahl von vorprogrammierten Methoden, so dass sie auch bei der Bestimmung von Schwefeldioxid und dem Restzuckergehalt Verwendung finden (s. u.).
Schwefeldioxid
Bei der Gärung wird Schwefeldioxid (SO2) eingesetzt, um das Wachstum von Bakterien und Wildhefen zu hemmen und/oder eine malolaktische Gärung zu verhindern. Im fertigen Wein dient SO2 als Antioxidans und als antimikrobielles Mittel und bewahrt Farbe, Geschmack und Stabilität.
Ein Teil des zugegebenen SO2 wird sofort gebunden. Der andere, ungebundene Teil wird als „freies SO2“ bezeichnet. Es existiert in zwei Formen. Die erste Form, Bisulfit (HSO2ˉ), ist relativ wirkungslos. Die zweite Form, molekulares SO2, bildet die wirksame Komponente. Beide Formen können sich ineinander umwandeln. Die relative Konzentration ist dabei vom pH-Wert abhängig.
In der Regel liegt die für einen wirksamen Schutz notwendige Konzentration an molekularem SO2 bei 0,8 mg/l [2]. Die Grenzwerte für SO2 liegen in der Europäischen Union bei 20 mg/l (Weißwein und Roséwein) und 150 mg/l (Rotwein) bei einem Zuckergehalt von weniger als 5 g/l [4]. Auch der SO2-Gehalt eines Weins kann mit Titration bestimmt werden. Hierzu gibt es verschiedene Methoden: bei der Ripper-Methode [5] wird zunächst freies SO2 mit Jod zu Schwefelsäure H2SO4 umgewandelt. Über die Menge des dazu benötigten Jods wird der freie SO2 Gehalt ermittelt. In einem zweiten Schritt wird gebundenes SO2 durch Behandlung mit Natronlauge NaOH in Schwefelige Säure H2SO3 umgewandelt. Diese H2SO3 lagert sich anschließend in SO2 um, welches analog dem ersten Schritt bestimmt werden kann. Beim H2O2-Thorin-Verfahren [6], oxidiert eine Wasserstoffperoxid-Lösung das SO2 zu Schwefelsäure. Diese wird dann mit NaOH titriert.
Zucker
Zucker macht 90 bis 94 % der insgesamt vorhandenen löslichen Feststoffe im Traubensaft aus und wird in Deutschland typischerweise in °Oechsle gemessen. Der Zuckergehalt kann mit einem Refraktometer analysiert werden. Das Funktionsprinzip eines Refraktometers beruht auf der Bestimmung des konzentrationsabhängigen Lichtbrechungsindexes einer zuckerhaltigen Lösung. Besonders geeignet hierzu sind digitale Refraktometer, da sie individuelle Ablesefehler vermeiden und somit generell eine höhere Genauigkeit aufweisen. Da der Brechungsindex zudem temperaturabhängig ist, bieten digitale Refraktometer, welche den Messwert automatisch auf einen Standardtemperaturwert (in der Regel 20 °C) kompensieren können, einen zusätzlichen Vorteil.
Die primären fermentierbaren Zucker in Weintrauben sind die reduzierenden Zucker Glukose und Fruktose. Diese werden während der alkoholischen Gärung in Ethylalkohol und Kohlendioxid umgewandelt. Der Restzucker in Wein soll bei trockenen Weinen um bis zu 2 g/l höher als die Gesamtsäure (maximal 9 g/l), bei halbtrockenen Weinen um bis zu 10 g/l höher als die Gesamtsäure (maximal 18 g/l) liegen [1]. Dieser Restzucker kann dazu dienen, dem Endprodukt einen süßeren Charakter zu verleihen oder es stabil zu halten. Den Restzuckergehalt eines Produkts nach der Gärung oder eines Weinfertigprodukts bestimmt man über eine Redox-Titration. Unter Zugabe eines Kupferkomplexes werden die vorhandenen Zucker oxidiert und Kupfer(II) zu Kupfer(I) reduziert (Rebelein-Methode [3]).
Alkoholgehalt
In der Regel erfolgt die Alkoholgehaltsbestimmung von Wein über die Destillation. Doch kann auch die Spektralphotometrie ein genaues Verfahren zur Alkoholgehaltsbestimmung darstellen. [7]
Mit einem Spektralphotometer (Abb. 3) kann die Bestimmung der Alkoholkonzentration mithilfe einer enzymatischen Reaktion erfolgen. Generell eignen sich hierzu handelsübliche Enzym-Testkits für Ethanol. Hierbei bestimmt man den Alkoholgehalt indirekt über die enzymatische Umwandlung von NAD+ (Nicotinamidadenindinukleotid) zu dessen reduzierter Form NADH in Anwesenheit von Ethanol. Die Lichtabsorption von NAD+ und NADH unterscheidet sich. Nur NADH absorbiert Licht bei einer Wellenlänge von 340 nm. In der Praxis besteht die Durchführung der Methode in der Zugabe von Ethanol zu NAD+. Es bildet sich NADH, welches dann bei einer Wellenlänge von 340 nm photometrisch nachgewiesen werden kann. Dabei entspricht die Menge Ethanol der Hälfte der Menge des nachgewiesenen NADH. Der Alkoholgehalt soll mindestens betragen [1]: 43,4 g/l = 5,5 % vol. bis 67,1 g/l = 8,5 % vol. für Beeren- und Trockenbeerenauslesen, 55,2 g/l= 7,0 % vol. für alle übrigen QbA- Weine, 67,1 g/l = 8,5 % vol. für Tafelweine. Fazit
In der heutigen Zeit ist moderne Technologie im Weinbau unverzichtbar. Der Markt bietet eine Vielzahl von Messgeräten für chemische und physikalische Weinparameter, von einfachen Messgeräten für Routinekontrollen bis hin zu hochpräzisen Laborgeräten. Alle sind wichtige Hilfsmittel, um höchste Ansprüche an Qualität und Konformität bei der Erzeugung von Wein zu erfüllen.
Quellen
[1] www.vitipendium.de/Portal:Oenologie, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt a. d. Weinstraße, 2022
[2] Hanna Instruments Deutschland GmbH (Hrsg.): Analytische Tests für Winzer, Vöhringen, 2020.
[3] https://glossar.wein.plus, Wein-Plus GmbH, Erlangen, 2022
[4] Amtsblatt der Europäischen Union, C 178, 64. Jahrgang, 10. Mai 2021
[5] Maximilian Ripper: Die schweflige Säure im Weine und deren Bestimmung. In: Journal für Praktische Chemie, (1892), DOI 10.1002/prac.18920460131.
[6] VDI-Richtlinie 2462 Blatt 8: Messen gasförmiger Emissionen; Messen der Schwefeldioxid-Konzentration; H2O2-Thorin-Methode, Berlin, 1985
[7] Fejfar, Katharina Dr. und Mesters-Wöll, Sabrina: Alkoholgehalt in Wein bestimmen. In LABO Ausgabe 1-2/2022, Haar, 2022
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