Anlagenbau und Komponenten

Innovation und Herausforderung für die Welt der Misch- und Agrartechnologie

Ein Interview der LVT LEBENSMITTEL Industrie mit Eduard Drenkelfuß und Franz-Josef Wakup von der Gebr. Ruberg GmbH

24.09.2015 - Mittelständische Unternehmen bilden über 80 % der jungen Menschen aus und beschäftigten rund zwei Drittel der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in Deutschland.

Mittelständische Unternehmen bilden über 80 % der jungen Menschen aus und beschäftigten rund zwei Drittel der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in Deutschland. Im Juli besuchte die LVT-Redaktion einen dieser Mittelständler, dessen Gründung auf 1848 datiert. Heute führt Alhard Ruberg in fünfter Generation das Familienunternehmen Gebr. Ruberg GmbH & Co. KG mit den Hauptgeschäftsbereichen Agrar- und Mischtechnologie im Weserbergland.

Eine Weltkugel aus Edelstahl begrüßt die Besucher des Verwaltungsgebäudes von Gebr. Ruberg GmbH & Co. KG (Abb. 1). „Ursprünglich kommt die Verfahrenstechnik aus dem Mühlenbau“, sagt Vertriebsleiter Franz-Josef Wakup und führt aus: „Trennen, Fraktionieren, Mischen, der Umgang mit Feststoffen – das ist das frühere Müllerhandwerk.“ Noch in der Gegenwart ist die Müllerschule in Braunschweig ein wichtiger Ausbildungsort für den Unternehmensnachwuchs. Das Geschäft der Spezialisten aus Nieheim im Weserbergland ist die komplette Planung, Fertigung und Montage von ganzen Anlangen und einzelnen Maschinen. Die Kunden kommen aus den Branchen Landwirtschaft, Chemie, Lebensmittel, Pharmazie, Bau- und Kunststoffe.

Ein Rundgang für die LVT-Redaktion

Der Technische Leiter Eduard Drenkelfuß führt die LVT-Redaktion bei einem Betriebsrundgang. Eine mehrgeschossige Halle für das zukünftig größere Technikum und das daran anschließende Labor sind in der Einrichtung begriffen. Hier entsteht großzügiger Raum für individuelle Kundenentwicklungen, z. B. beim Erproben neuer Mischer. Sehr schnell wird klar: Der Unternehmer Alhard Ruberg investiert Millionensummen am Standort Nieheim. „Der Betrieb ist auf das Modernste ausgerüstet, denn unser Chef ist auch ein Mann der Technik“, erläutert Eduard Drenkelfuß und begründet: „Wir wollen reproduzierbare Ergebnisse bei den Verfahren und das ist heute nur mit modernster Technologie möglich.“ Permanent investiere das Unternehmen – z. B. auch in neue Metallbearbeitungsmaschinen wie z. B. Drehmaschinen (Abb. 2) oder in eine Wasserstrahlschneidemaschine für Stahl. In der Fertigung arbeiten Teams an den zukünftigen Mischern. Durch die Fenster blickt man in das benachbarte Wohnviertel. Bewusst wurde in der Fertigung die südliche Hallenfront mit großen Fensterflächen transparent gestaltet, damit die Anwohner einen direkten Einblick in die Produktion bekommen. Aber auch über die direkte Nachbarschaft hinaus ist das Traditionsunternehmen durch seine Mitarbeiter stark in der Region verwurzelt. Im Anschluss an den Rundgang sprechen Eduard Drenkelfuß und Franz-Josef Wakup mit der LVT-Redaktion über den Nachwuchs, die Technik und die Innovationen.

LVT LEBENSMITTEL Industrie: Wie arbeiten Ihre Mitarbeiter in der Produktion zusammen, sind das Gruppen?

E. Drenkelfuß: Es sind Kleingruppen von zwei bis drei Personen. Zweierteams funktionieren am besten. Es gibt da Kollegen, die sind aufeinander abgestimmt, wie ein altes Ehepaar. Da weiß der eine genau, was der andere tut und wo er im gemeinsamen Projekt gerade steht. Das Ganze ist keine Bauteilefertigung, sondern jeder ist an der zukünftigen Maschine bis ins Detail vertraut und das ist gut so, denn schließlich erwartet unser Kunde die reibungslose Funktion in seinem Betrieb ohne Schnittstellenprobleme.

… und wenn jemand in diesen Zweierteams ausfällt?

F.-J. Wakup: Prinzipiell arbeiten wir in Teams, aber es gibt immer einige Kollegen, die im Ernstfall einspringen oder mal einzelne Aufgaben übernehmen. Das wächst natürlich mit der Zeit und so lernen die Menschen bei uns, dass sie universell flexibel eingesetzt werden. Wenn einmal ihr Teampartner ausfällt, wissen sie dann auch genau, wen sie fragen können.

Wie viele Auszubildende haben Sie im Jahr?

E. Drenkelfuß: Im Schnitt stellen wir pro Ausbildungsjahr drei Auszubildende ein für die Fertigung und für die Verwaltung.

F.-J. Wakup: Im ersten Lehrjahr laufen die Auszubildenden noch ein wenig mit. Im zweiten Lehrjahr bekommen sie Zeichnungen und Pläne in die Hand und werden gefordert. So erreichen sie den Standard, der sie nach der Ausbildung für uns interessant macht. Sie müssen von Grund auf alle wesentlichen Kenntnisse mitbekommen. Dann kommt die Spezialisierung, z. B. machen wir relativ viel mit Edelstahl. Schweißen im Edelstahlbereich stellt ganz hohe Ansprüche, das liegt nicht jedem. Die Auszubildenden entwickeln ihr individuelles Stärken- und Schwächen-Profil und dementsprechend setzen wir sie in den unterschiedlichen Bereichen ein. Wir haben die weiße Fertigung für den Edelstahlbereich und die schwarze Fertigung für den normalen Stahl. Es kann nicht jeder in der weißen Fertigung eingesetzt werden.“

… Aluminium verarbeiten Sie ja nicht?

F.-J. Wakup: Das hatten wir gemacht, da gibt es ja die großen Aluminium-Silos für die Grundstoffindustrien, aber das war ein purer Verdrängungsmarkt. Da ging es rein um die Fragen: Wer kann am günstigsten produzieren und wer liefert am schnellsten. Da haben wir als kleine Mittelstandsfirma keine Chance. Es war auch nicht unser Ziel Blech zu bewegen und einfach nur Geld zu tauschen: Ich kaufe Material und bekomme Geld dafür. Und das war es dann gewesen? Das ist nicht der individuelle Ansatz, den wir suchen. Wir suchen die Innovation und die Herausforderung, das ist unser Ansporn, ob im Mischer- oder im Getreidebereich, denn da kann sich unsere Maschinentechnologie immer wieder beweisen. Unsere Kunden treten mit ihren neuen Produkten und Anwendungen an uns heran und fragen: Wie kann man damit umgehen, wie kann man das handeln? Manche Produkte sind im Einkauf für die Kunden schon relativ teuer und dann wird eine vorsichtige Handhabung besonders wichtig.

Wie steht es mit dem Nachwuchs speziell im Konstruktionsbereich?

F.-J. Wakup: Im Konstruktionsbereich suchen wir die geeigneten Kandidaten von speziellen Schulen, wie z. B die Müllerschule in Braunschweig. Die Verfahrenstechnik, die sie erlernen, findet sich ja im gesamten Lebensmittelbereich wieder und die meisten Müllerschüler haben vor ihrem Schulbeginn schon eine praktische Ausbildung absolviert.

E. Drenkelfuß: Man muss natürlich auch Herz für die Sache haben. Nur eine Ausbildung um der Ausbildung willen zu machen, bringt wenig. Hinterher muss das doch Freude machen. Wie der schöne Spruch sagt: „Wer Spaß an seinem Beruf hat, braucht ein Leben lang nicht zu arbeiten“, und das funktioniert.

F.-J. Wakup: Man erkennt das auch daran, dass wir hier sehr viele Mitarbeiter haben, die schon sehr lange da sind. Da versteht man einander immer besser. Genau dieses Verständnis untereinander ermöglicht die kurzen Wege zum Vorteil der Kunden. Vielleicht braucht ein Kunde eben mal ganz schnell einen Budgetpreis und schon eine Stunde später kann der den dann haben, weil es einfach fertig gemacht worden ist. So macht Arbeiten Spaß und die Projekte gehen leicht von der Hand und sind auch in der Praxis oft viel erfolgreicher, als wenn man sie ganz verbissen verfolgt.

E. Drenkelfuß: Auch Kraftanstrengungen leistet man doch viel lieber, wenn es harmonisch abläuft. Denn manchmal wird es knifflig und umso besser ist es dann, wenn man locker über alles sprechen und vielleicht auch noch den einen oder anderen mit ins Boot holen kann: gerade auch die Kollegen aus der Fertigung. Hier hat sich das einfach so entwickelt: Wir konstruieren und planen nicht alles bis aufs letzte Detail vor, sondern wir berücksichtigen die Fertigung und ihre Einwände. Da kommen dann wertvolle Informationen, denn die Kollegen sind ja vor Ort im Betrieb.

F.-J. Wakup: Da kommen genau die richtigen Hinweise: Wie kann man etwas einfacher, wie kann man etwas schneller machen? Da hat man manchmal schon länger über eine Lösung nachgegrübelt und dann kommt der passende Vorschlag spontan aus der Fertigung und die Lösung ist wie von selbst da.

Wohin geht der Trend beim Mischen und beim Schüttguthandling?

E. Drenkelfuß: Was ganz oben ansteht, ist das Thema Hygiene und Hygienedesign und dabei ist es nicht nur die Oberfläche, sondern die Gesamtanlage. Bei der Verfahrenstechnik hierzulande ist es nicht unbedingt ein Wachstumsmarkt, sondern es wird ausgetauscht, wo es erforderlich wird: Alte Technik gegen Neue oder auch dort, wo Einsparungen zu erwarten sind in der Produktion oder bei den Rohstoffen. Wenn wir das aber weltweit betrachten, ist es ein Wachstumsmarkt. Auch international gibt es Kooperationen mit anderen Firmen, d.h. man wird in die Welt mit hinausgetragen. Alleine schaffen wir das internationale Geschäft nicht aus eigener Kraft. 

F.-J. Wakup: Wir haben in der Welt keine eigene Vertriebsorganisation sondern weltweit gute Partner, die sich an uns wenden und unsere Produkte vertreten möchten.

E. Drenkelfuß: Das ist komfortabel für uns und ganz im Sinne der Kunden, denn so bekommt jedes Projekt die Zeit, die es braucht, d.h. wer etwas zu uns bringt, der wird bedient. Das ist etwas ganz anderes, wenn man eine eigene Vertretung hat, die z. B. aus den USA oder aus Kanada permanent Anforderungen sendet, dafür sind wir zu klein.

Wie stellen sich die Umsatzanteile von Gebrüder Ruberg im In- und Ausland dar?

F.-J. Wakup: 30% Inland, 70% Ausland. Es freut uns natürlich, dass unsere Produkte weltweit nachgefragt werden. Wir bemerkten dies auch bei den Interpack-Besuchern in diesem Jahr: Etwa 80% der Besucher kamen aus dem Ausland, während es sich bei der Interpack 2011 noch mit jeweils rund 50% für beide Besucheranteil an unserem Stand die Waage hielt.

Gibt es Regionen in der Welt, für die Sie ein besonderes Absatzwachstum verzeichnen?

F.-J. Wakup: Das ist insgesamt sehr homogen. Nur im Moment zeichnet sich im Getreidebereich eine verstärkte Nachfrage aus Osteuropa ab.

Wie verhalten sich die Größenanteile der Hauptgeschäftsbereiche Agrar- und Mischtechnologie zueinander?

F.-J. Wakup: Wir sind nach wie vor bei jeweils rund 50 %. Beide Bereiche sind gleich stark frequentiert. Wobei man früher im Getreidebereich gesagt hat, das sei Saisongeschäft von Februar bis Anfang Juni, das hat sich aber mittlerweile dadurch relativiert, dass weltweit Anfragen kommen und so verteilt sich das mittlerweile über das ganz Jahr.

Wie entwickeln sich die Anforderungen und Trends an Maschinen und Anlagen?

E. Drenkelfuß: Bei der Produktentwicklung, z. B. im Labormaßstab, geht es darum, dass die Maschinen- und Anlagentechnik ein möglichst großes Spektrum abdeckt. Gefragt ist hier die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“. Der Mischer soll alles können, am besten ist er noch ein Kneter und löst auch noch weitere Aufgaben. Demgegenüber ist der Mischer im Produktionsprozess weitestgehend spezialisiert auf die jeweilige Aufgabe und erleichtert so die Reproduzierbarkeit und die Automatisierung. In vielen Fällen sind die Mischer sogar technisch abgespeckt, je nach Aufgabe ist dann z. b. ein Hygienesystem gar nicht mehr notwendig. Die Maschine liefert dann ganz puristisch wirklich nur noch genau das, was die spezielle Anwendung braucht.

F.-J. Wakup: Das ist praktisch für jeden Betriebs- und Produktionsleiter: Je weniger Anbauteile er hat, desto weniger können kaputt gehen und die Prozessführung ist insgesamt weniger störanfällig.

Planen Sie Neuheiten zur POWTECH oder zur ACHEMA, zu denen Sie unseren Lesern etwas verraten wollen?

E. Drenkelfuß: Wir sind Aussteller auf beiden Messen und die POWTECH ist neben der ACHEMA die wichtigste Messe. Natürlich ist es nicht so, dass wir dort mit großen Innovationssprüngen aufwarten, die Innovationen finden nach der Messe statt. Der Kunde, mit dem wir auf der Messe ins Gespräch kommen, schildert uns sein Thema und dann gehen wir gemeinsam mit ihm an die Lösung. Und genau da findet dann die Innovation statt. Um auf der Messe selbst absolute Neuheiten zu zeigen, müsste man schon neue Evolutionsstufen vorstellen.

F.-J. Wakup: Und den Mischer gibt es schon, den muss man nicht mehr neu erfinden.

E. Drenkelfuß: Dem Kunden, der so an der Messe bei uns vorbei schaut, kann man nicht plausibel machen, dass das Werkzeug ein wenig anders aussieht als vorher - selbst dann, wenn damit vielleicht ein für ihn entscheidender Anwendungsaspekt gelöst würde. Wir sind eher geneigt auf Messen ansehnliche Mischer- und Anlagentechnik zu präsentieren, die der Besucher praktisch in Augenschein nehmen kann.

F.-J. Wakup: Bei der ACHEMA muss man als Besucher wirklich gut vorbereitet auf die Messe gehen, um auch das zu finden, was man wirklich sucht. Tut man das nicht, sieht man alles Mögliche, denn diese Leitmesse ist einfach zu umfassend und zu groß. Genau das ist die Chance für neue kompakte Messeformate wie das von Easyfairs mit der Schüttgut in Dortmund. Da steigt die Zahl der Messhallen von Jahr zu Jahr.

E. Drenkelfuß: Es ist deutlich zu sehen, dass auf den Schüttgut- und Verfahrenstechnik-Messen noch ein hoher Anspruch von den Besuchern gestellt wird und dabei stelle ich immer wieder fest, dass sich auch Menschen anderer Branchen dort informieren. Echte Querdenker aus anderen Branchen müssen ihre Ideen schließlich woanders suchen. Jeder muss an seinem Verfahren etwas ändern um vorne zu sein und solche Änderungen kann man als branchenfremder Querdenker durchaus auf einer Lebensmittel- oder Chemie-Messe finden.

Meine Herren, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Verantwortliche für Prozesse und Produktion können ihre eigene Technikentwicklung aktiv mitgestalten und vorantreiben – mit und innerhalb der gut eingespielten Teams bei Gebr. Ruberg und auch vor Ort bei der Praxiserprobung im Technikum in Nieheim.

Fazit

Moderne Technik und gutes Handwerk gehen bei den Spezialisten aus dem Weserbergland eine fruchtbare Allianz ein. Das eigene Werkstück, die Maschine oder die Getreidereinigungsanlage zählt hier etwas unter den Kollegen der Fertigung. „Immer wieder fragen uns die Kollegen aus der Fertigung, wie z. B. der Mischer beim Kunden läuft“, sagt Franz-Josef Wakup. Eduard Drenkelfuß bestätigt diese starke Bindung zwischen dem jeweiligen „Werk“ und seinen „Meistern“ wie folgt: „Manche unserer Leute würden ihre Maschinen am liebsten noch von Hand signieren, bevor sie das Werk verlassen“. Vielleicht betrachtet auch Alhard Ruberg seine eigene Unternehmensentwicklung auch als ein solches Werk, wenn man an seine langfristige Investitionsstrategie denkt? „Mit seinem 1996 gestarteten Projekt Marathon 2023 will er das Unternehmen für die kommende Generation vorbereiten und auf künftige Herausforderungen ausrichten“, liest man in der Agrarzeitung am 25. April 2014.

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