IT und Automatisierung

SAW-Durchflussmesser im Molkereieinsatz

Höchste Hygieneansprüche der Babynahrungsproduktion erfüllen Bürkerts Flowave-Sensoren in der Molkerei Hainichen-Freiberg

09.05.2024 - Die Surface Acoustic Wave Technologie (SAW) als Kernelement der Flowave-Durflussmessung nutzt eine Wellenausbreitung, wie sie auch bei seismischen Aktivitäten auftreten.

Die Surface Acoustic Wave Technologie (SAW) als Kernelement der Flowave-Durflussmessung nutzt eine Wellenausbreitung, wie sie auch bei seismischen Aktivitäten auftreten. Der Hauptteil des Sensors besteht aus einem Messrohr, auf dessen Oberfläche Interdigitalwandler elektrisch angeregt die Wellenausbreitung starten. Die Flowave-Durchflussmesser von Bürkert genügen höchsten Hygieneansprüchen. Da sie unabhängig von der elektrischen Leitfähigkeit arbeiten, setzt die Molkerei Hainichen-Freiberg diese bei der Herstellung von Babynahrung für die Durchflussmessung von Reinstwasser ein.

Die Lebensmittelindustrie stellt bei Durchflussmessern hohe Anforderungen an Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Reproduzierbarkeit und Hygiene. Durchflussmesser, die nach dem patentierten SAW-Verfahren arbeiten, bieten hier interessante Möglichkeiten: Sie genügen nicht nur höchsten Hygieneansprüchen, sondern können außer Durchfluss und Konzentration zusätzliche Messwerte liefern, wie die Medientemperatur und sogar Verunreinigungen erkennen. Zudem arbeiten sie wartungsfrei, was die Betriebskosten deutlich reduzieren kann. Da sie unabhängig von der elektrischen Leitfähigkeit funktionieren, eignen sie sich auch für Reinstwasser. Gerade das war bei der Anwendung in einer Molkerei ein wichtiges Auswahlkriterium.

Die Molkerei Hainichen-Freiberg gehört zur Unternehmensgruppe Ehrmann und Käserei Champignon. Das sächsische Unternehmen mit Sitz in Freiberg verarbeitet pro Jahr rund 150 Mio. kg Rohmilch. Auf modernsten Produktionsanlagen entstehen daraus ca. 50.000 t Joghurt und Desserts sowie 9.000 t Käse. Zudem werden in der sogenannten Trocknung rund 9.000 t Milchpulver für Babynahrung hergestellt.

Reinstwasser in den Produktionslinien der Trocknung

Die Produktionslinien im Trocknungsbereich wurden 2018 nach der Inbetriebnahme einer neuen Umkehr-Osmoseanlage im Standby-Betrieb komplett auf Reinstwasser umgestellt. Danilo Beer, Teamleiter und stellvertretender Produktionsleiter Trocknung bei Hainichen-Freiberg berichtet: „Das demineralisierte Wasser hat nur eine sehr geringe Leitfähigkeit von unter 5 µs/cm. Die bisher von uns in der Produktionslinie eingesetzten magnetisch-induktiven Durchflussmesser waren dafür nicht mehr geeignet. Daher machten wir uns auf die Suche nach einem hygienischen Durchflusssensor, der auch ohne Leitfähigkeit misst.“ Die Freiberger wurden beim Fluidikspezialisten Bürkert Fluid Control Systems fündig. Die Wahl fiel auf den Flowave-Durchflussmesser. Er arbeitet nach dem patentierten SAW-Verfahren (Surface Acoustic Waves) und eignet sich für unterschiedliche Medien, ganz unabhängig von der elektrischen Leitfähigkeit, also für Reinstwasser ebenso wie für Molke oder Milch.

Messprinzip mit vielen Vorteilen

Das Messprinzip hat aber noch weitere Vorteile: So gibt es keinerlei Einbauten oder Verengungen im Messrohr und damit auch keine Toträume. Das Messrohr verhält sich genauso wie ein gerades Stück der Rohrleitung, es kann sich also nichts festsetzen. „Unseren hohen Hygieneanforderungen bei der Milchpulverproduktion kommt das natürlich sehr gelegen“, ergänzt Danilo Beer. Zudem wird ohne jeden Kontakt zwischen Sensorelementen und Medium gemessen. Es entstehen also weder Fluideinwirkungen auf die Sensorelemente noch sind Verunreinigungen des Mediums durch diese möglich. Das ist hygienisch und erleichtert die Reinigung (Hygienic Design). Da sich das Messrohr strömungstechnisch nicht von jedem anderen geraden Rohrstück der Anlage unterscheidet, gibt es auch keinen Druckabfall. Die Messung funktioniert bei stehenden Flüssigkeiten ebenso wie bei schneller Strömung oder Medienwechseln.

Hinzu kommt das geringe Gewicht der SAW-Durchflussmesser. Die in der Trocknung eingesetzten Flowaves mit einer Nennweite von 50 mm wiegen nur rund 3,5 kg und können leicht von einer Person montiert oder ausgetauscht werden. Die Einbaulage ist beliebig, so dass sich das Display gut lesbar justieren lässt und der Durchflussmesser bei der Inbetriebnahme für die Konfiguration gut zugänglich ist. Im laufenden Betrieb verbraucht der Durchflussmesser deutlich weniger Energie als bspw. Coriolis-Durchflussmesser, die obendrein meist auch größer und schwerer gebaut sind. Außerdem sind keine Wartungsarbeiten notwendig, was die Betriebskosten weiter reduziert.

Unterschiedliche Medien

Insgesamt sind in der Trocknung heute acht dieser SAW-Durchflussmesser im Einsatz. Sie messen während des Standby-Betriebs Reinstwasser, wenn die Produktion läuft, aber auch andere Medien. Drei Durchflussmesser sind vor den sogenannten Eindampfern installiert. „Die Durchflussmengen sind hier beachtlich“, ergänzt Danilo Beer. „Sie liegen bei 20.000 l pro Stunde.“ Beim anschließenden Erhitzungsprozess sind ebenfalls zwei Durchflussmesser im Einsatz, genauso wie an den Speisesystemen für den Sprühturm.

Gemeinsam mit den Fluidikexperten ließen sich auch besondere Herausforderungen meistern. Danilo Beer erinnert sich: „An einer Stelle im Produktionsprozess müssen wir den Durchfluss bei einem Trockenanteil von 60 % messen. Das ist beim SAW-Verfahren prinzipbedingt nicht möglich. Eine entsprechende Lösung ließ sich dennoch recht einfach realisieren.“
Im Standby misst der Flowave den Reinstwasserdurchfluss. Wird in der Produktionsphase aufs Medium geschaltet, erkennt er das und gibt ein Signal an den ebenfalls hier eingesetzten magnetisch-induktiven Durchflussmesser aus, der dann die Messung übernimmt. „Auch Softwareanpassungen, die sich bei der Inbetriebnahme als notwendig erwiesen, haben die Fluidikexperten zügig umgesetzt“, freut sich Danilo Beer.

Genau und zukunftssicher

Mittlerweile sind die SAW-Durchflussmesser im praktischen Einsatz bewährt und haben durch ihre Zuverlässigkeit überzeugt. Sie messen den Volumendurchfluss mit einer Genauigkeit von ± 0,4 % des Messwerts. Die Temperatur wird gleichzeitig mit einer Genauigkeit von ± 1 °C gemessen. Der Temperaturbereich von – 20 bis 140 °C ist so ausgelegt, dass sowohl CIP- als auch SIP-Reinigungsverfahren durchgeführt werden können. Typische Anwendungsbereiche gibt es daher viele, nicht nur in der Nahrungsmittelindustrie. Die Geräte bieten wahlweise digitale Schnittstellen (über M12-Stecker) oder sind alternativ mit analoger 4...20 mA-Schnittstelle erhältlich.

Ausführungen mit digitaler Datenanzeige vor Ort sind ebenso verfügbar wie eine Flowave L-Ausführung mit ATEX-Zulassung für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen, z. B. beim Messen von Alkohol oder ätherischen Ölen. Flowave gibt es für große Nennweiten bis DN 80 und das bei nur max. 6 kg Eigengewicht gegenüber vergleichbaren Sensoren, die bis zu 240 kg auf die Waage bringen. Auch kleine Nennweiten bis DN 8 sind als Standard-Variante z. B. für Pharma- und Kosmetikanwendungen verfügbar. Der Ein- und Ausbau von Flowave sowie die Nachkalibrierung, soweit diese gefordert wird, kann bequem von einer Person erledigt werden.

Autoren: Martin Schramm, Produktexperte Sensorik / SAW-Technologie, Roland Englmann, Account Manager Nahrungs- und Genussmittel, Bürkert Fluid Control Systems

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Durchflussmessung mit SAW-Technologie

Die Surface Acoustic Wave-Technologie (SAW) nutzt für die Durchflussmessung eine Wellenausbreitung, wie sie bei seismischen Aktivitäten (z. B. Erdbeben) auftritt. Der Hauptteil des Sensors besteht aus einem Messrohr, auf dessen Oberfläche Interdigitalwandler angeordnet sind, die elektrisch angeregt die Wellenausbreitung starten. Die Flowave-Technologie funktioniert mit vier Interdigitalwandlern, die jeweils als Sender und Empfänger operieren können. Ist einer als Sender aktiv, arbeiten die beiden am weitesten entfernten als Empfänger. Die an der Rohroberfläche generierten Oberflächenwellen koppeln auch in die Flüssigkeit aus. Der Auskopplungswinkel ist abhängig von der Flüssigkeit bzw. von der Geschwindigkeit der sich in ihr ausbreitenden Welle. Auf der anderen Seite des Messrohrs koppeln die Wellen wieder in das Messrohr ein und laufen zum nächsten Interdigitalwandler. So führt die Anregung jedes Interdigitalwandlers zu einer Folge von Empfangssignalen an zwei anderen. Zwei Interdigitalwandler senden in Durchflussrichtung, zwei dazu entgegengesetzt. Der Volumendurchfluss ist proportional zur Zeitdifferenz der Dauer der Wellenausbreitung in Vorwärts- und Rückwärtsrichtung. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass Messwerte ermittelt werden können, die sich aus einmaligem bis mehrmaligem Durchlaufen der Flüssigkeit sowie dem Vergleich aller Empfangssignale ergeben. Mit der entsprechenden mathematischen Auswertung liefern sie vielfältige Informationen über das Fluid.

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