Wissenschaftler der Hochschule Fulda untersuchten die Handhabbarkeit handelsüblicher Tee-Faltschachtelverpackungen
Die intuitive Handhabung von Verpackungen beeinflusst die Konsumentenzufriedenheit maßgeblich
In der vorliegenden Studie der Hochschule Fulda werden handelsübliche Faltschachtelverpackungen auf ihre Handhabbarkeit untersucht, die sich in der Anzahl und Lage der Öffnungshilfen bzw. Perforationen unterscheiden. Teeverpackungen aus Karton sind weit verbreitet und bekannt, die vom Hersteller vorgesehenen Öffnungswege stellen jedoch unterschiedliche Anforderungen an die Konsumenten. Da der Verpackungsinhalt trocken gelagert werden muss und in der Regel portionsweise entnommen wird, verhindert die vom Hersteller vorgesehene Öffnung der Verpackung eine Beeinträchtigung, wie z. B. Frischeverlust bei Lagerung über die Laufzeit. Die dafür vorgesehenen Öffnungshilfen und Perforationen sollen gut sichtbar und verbraucherfreundlich zu nutzen sein, um von Konsumenten wahrgenommen und genutzt zu werden.
Die Untersuchungen wurden gemäß der Kriterien von CEN/TS 15945 als dreistufiger Test durchgeführt, bei dem Effektivität und Effizienz des Öffnungsvorgangs sowie die Zufriedenheit mit dem Öffnungsvorgang ermittelt wird. Ziel der Studie war es, die Wahrnehmung und Handhabung der Öffnungsmechanismen zu untersuchen. Während es zwar allen Teilnehmern gelang, die Verpackungen zu öffnen, scheiterten 40 % von ihnen an der bestimmungsgemäßen Betätigung der Perforationen. Diejenigen Teilnehmer, denen es gelang, die Verpackung an der vom Hersteller vorgesehenen Stelle zu öffnen, benötigten weniger Zeit und waren zufriedener mit dem Öffnungsvorgang.
Einleitung
Die intuitive Handhabung von Verpackungen beeinflusst die Konsumentenzufriedenheit maßgeblich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO). Die Studie belegt, dass 92 % der befragten Senioren Schwierigkeiten beim Öffnen von Verpackungen haben, davon etwa bei der Hälfte der Befragten (49 %) mehrmals pro Woche oder täglich. Die große Mehrheit dieser Personen führt dies auf den Öffnungsmechanismus der Verpackungen zurück [1].
Die vorliegende Studie untersucht den Öffnungsvorgang von Tee-Faltschachtelverpackungen. Dieser verbreitete Verpackungstyp gilt unter Konsumenten als vertraut. Die bestimmungsgemäße Betätigung der vorgesehenen Öffnungsmechanismen gewährleistet die partielle Entnahme des Inhalts, ohne die Verpackung zu beschädigen. Der Deckel kann zum Frischeerhalt wiederverschlossen werden.
Die Öffnungsmechanismen der untersuchten Teeverpackungen unterscheiden sich in Art und Aufmachung und stellen unterschiedliche Anforderungen an die Konsumenten. So müssen diese zunächst kognitiv in der Lage sein, das vom Hersteller vorgesehene Öffnungskonzept zu erfassen, um es anschließend mit koordinierter Kraft und Motorik zu öffnen. Da diesen Anforderungen in einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft durch gängige Verpackungskonzepte nicht mehr Genüge getan werden kann, sollten sich Lebensmittelproduzenten und Verpackungshersteller verstärkt auf die Bedürfnisse von Senioren einstellen.
Anhand von Zielgruppentests untersucht die vorliegende Studie das leichte Öffnen von Faltschachteln mit verschiedenartig platzierten und unterschiedlich grafisch hervorgehobenen Öffnungsmechanismen. Aus der Zufriedenheit der Teilnehmer kann ein möglicher Verbesserungsbedarf bei den Öffnungskonzepten abgeleitet werden.
Material und Methoden
Material
Die untersuchten Faltschachteln mit perforierten Öffnungshilfen wurden anhand einer Marktbeobachtung aufgrund der Variabilität der vorgesehenen Öffnungswege in Platzierung und Hervorhebung ausgewählt. Die geprüften Verpackungen mit vorgesehenen Öffnungswegen sind in Abbildung 1 dargestellt.
Verpackung A (Earl Grey von K-Classic, Kaufland, 74172 Neckarsulm) weist an der vorderen Seite eine Lasche aus Karton auf an der gezogen werden muss, um die Verpackungsoberseite aufzuklappen. Die Lasche ist beschriftet mit „Bitte hier aufreißen.“ Wegen der auffälligen grafischen Gestaltung der Frontseite der Verpackung sind weder Öffnungslasche noch Öffnungshinweis leicht erkennbar.
Verpackung B (Waldfrucht von Captains Tea, Netto, 93142 Maxhütte-Haidhof) weist zwei perforierte Laschen auf. Nach Eindrücken der Perforierung an der vorderen Seite lässt sich der Verpackungsdeckel aufklappen, während die zweite Perforierung ein Aufklappen der Verpackung an der Seite ermöglicht. Die Perforationen sind zwar farblich nicht hervorgehoben, aber vor dem einfarbigen Hintergrund gut erkennbar.
Auch Verpackung C (9-Kräuter Tee von Captains Tea, Netto, 93142 Maxhütte-Haidhof) kann sowohl durch Eindrücken der Perforierung an der vorderen Seite aufgeklappt werden als auch durch das Eindrücken und Aufreißen der Perforierung an der Seite der Verpackung. Auch hier ist außer der Perforation kein weiterer Öffnungshinweis aufgedruckt, die Perforation hebt sich vom grafisch gestalteten Hintergrund nur schwach ab.
Methoden
Bei der Zielgruppenprüfung gemäß der technischen Spezifikation CEN/TS 15945 handelt es sich um einen dreistufigen Test, mit dem das leichte Öffnen von Verpackungen untersucht sowie die Zufriedenheit mit dem Öffnungsvorgang ermittelt wird [2]. Für die vorliegende Studie wurden drei Testgruppen mit je 20 Prüfteilnehmern (männlich und weiblich) im Alter zwischen 65 und 80 Jahren zufällig durch Ansprechen in der Öffentlichkeit rekrutiert. Um Lerneffekte auszuschließen, öffnete jeder Teilnehmer nur einen Verpackungstyp. Tabelle 1 zeigt die Zusammensetzung der Testgruppe.
Die Durchführung der Tests erfolgte unter normierten Bedingungen [3,4]. Prüfteilnehmer, die eine Lesebrille benutzen, wurden aufgefordert, diese zu tragen. Die Prüfteilnehmer führten nach Selbsteinschätzung einen autonomen Lebensstil. Mit Erlaubnis der Prüfteilnehmer erfolgte eine Videodokumentation der Handbewegungen zur weiteren Analyse. Vor Beginn des Tests wurden die Prüfteilnehmer gefragt, ob sie Erfahrung mit dem Öffnen von ähnlichen oder identischen Verpackungstypen haben.
Der dreistufige Test gemäß CEN/TS 15945 umfasst:
- Die Ermittlung der Effektivität des Öffnungsvorgangs: Dabei sollen die Teilnehmer sich innerhalb von fünf Minuten mit der Verpackung vertraut machen und diese öffnen. Über das Zeitlimit werden sie nicht informiert. Gelingt der Öffnungsvorgang innerhalb der vorgegebenen Zeit nicht, ist die Prüfung abzubrechen und die Zufriedenheit mit „sehr schlecht“ (-2) zu bewerten.
- Die Prüfung auf Effizienz des Öffnungsvorgangs: Eine zweite, identische Verpackung ist innerhalb von einer Minute zu öffnen. Auch hier haben die Teilnehmer keine Kenntnis über ein Zeitlimit.
- Nach Entnahme einer Portion und dem Wiederverschließen der Verpackung innerhalb weiterer vier Minuten soll der Prüfteilnehmer seine Zufriedenheit mit dem Öffnungsvorgang unter Rückgriff auf eine fünfstufige Skala angeben, die von +2 („sehr gut“) bis -2 („sehr schlecht“) reicht [2].
Ergebnisse der Zielgruppenprüfung
Die überwiegende Zahl der Teilnehmer (70–90 %) gab an, Erfahrungen mit dem Öffnen ähnlicher oder identischer Verpackungen zu haben.
Effektivität und Effizienz des Öffnungsvorgangs
Ergebnisse für die Teilprüfung Effektivität sind in Abbildung 2 dargestellt. Eine Verpackung gilt als konzeptionell -richtig- geöffnet, wenn sie wie vorgesehen an einer der perforierten Stellen geöffnet wurde. Eine Verpackung gilt als alternativ -falsch-, wenn die Perforation beschädigt wurde oder die Verpackung an den Verklebungen an den Seiten aufgerissen wurde.
Im ersten Prüfschritt gelang es 18 der 20 Teilnehmer, Verpackung A richtig zu öffnen. Die große Mehrheit von 13 Teilnehmern öffnete die Verpackung sogar in weniger als 23 s. Die Medianzeit für den Öffnungsvorgang betrug 20,8 s. Zwei Teilnehmer öffneten die Verpackung an den verklebten Kartonseiten, die Medianzeit für das „falsche“ Öffnen betrug 54 s. Verpackung B konnte von 13 Teilnehmern richtig geöffnet werden. Zwölf Teilnehmern gelang die Öffnung in weniger als 15 s, die Medianzeit betrug 6,5 s. Sieben Prüfteilnehmer konnten den Öffnungsmechanismus nicht wie vorgesehen verwenden oder rissen die Verpackung an den verklebten Flächen auf, die Öffnungszeit betrug hier im Median 21,7 s. Verpackung C wurde lediglich von fünf Teilnehmern richtig geöffnet. Der Median für das richtige Öffnen lag bei 13,4 s. 15 Teilnehmern gelang zwar die Öffnung, aber nicht mit Hilfe des vorgesehenen Mechanismus, die Medianzeit dafür betrug 25,4 s.
Zwar gelang allen Teilnehmern die Öffnung der Verpackungen, allerdings von 40 % nicht in der vorgesehenen Weise. Bei allen Verpackungen waren die Medianzeiten für den Öffnungsprozess bei „falschem“ Öffnen deutlich größer als bei „richtigem“ Öffnen.
In der Teilprüfung Effizienz halbierte sich die Öffnungszeit für Verpackung A bei richtigem Öffnen etwa auf 11,3 s, allerdings fiel eine Verkürzung der Öffnungszeit für Verpackung B deutlich geringer aus. Das „richtige“ Öffnen von Verpackung C dauerte sogar länger, der Medianwert erhöhte sich auf 22,2 s.
Zufriedenheit mit dem Öffnungsvorgang
Die Zufriedenheit der Prüfteilnehmer mit dem Öffnungsvorgang ist in Abb. 3 dargestellt. Abgebrochene Prüfungen wären gemäß den Vorgaben von CEN/TS 15945 mit -2 zu bewerten (in dieser Studienreihe nicht relevant).
Verpackung A wurde im Bereich „schlecht“ bis „sehr gut“ bewertet, wobei mehr als die Hälfte der Teilnehmer (55 %) die Verpackung mit „gut“ bewertete. Im Median wurde die Verpackung mit 1 bewertet. Die einzige negative Bewertung erhielt der Öffnungsvorgang von einem Teilnehmer, dem es nicht gelungen war, die Verpackung wie vorgesehen zu öffnen. Verpackung B wurde von „schlecht“ bis „sehr gut“ bewertet. Die Hälfte aller Teilnehmer (50 %) bewertete den Öffnungsvorgang mit „sehr gut“, weitere 30 % bewerteten ihn mit „gut“. Der Medianwert der Zufriedenheit liegt hier bei 1,5; damit wurde die Verpackung am besten bewertet. Verpackung C erreichte Zufriedenheitswerte zwischen „schlecht“ und „gut“ und den Medianwert 0.
Diskussion
Faltschachteln aus Papier sind den Prüfteilnehmern im Allgemeinen bekannt und sie konnten von allen Prüfteilnehmern geöffnet werden. Bei Betrachtung beider Teilprüfungen ergab sich für Verpackung B die schnellsten Öffnungszeiten. Die Perforationen sind gut sichtbar und werden auch ohne zusätzlichen Hinweis wahrgenommen und erfolgreich benutzt. Fast alle Teilnehmer öffneten die Verpackung an der Perforierung auf der Vorderseite der Verpackung. Sowohl die Position der Öffnungshilfe als auch der zugehörige Mechanismus sind den Teilnehmern vertraut, die Nutzung erfolgt intuitiv. Im zweiten Öffnungsversuch verringerte sich die Medianzeit für das richtige Öffnen auf 4,7 s, daraus resultiert eine positive Zufriedenheit. Das Öffnen der Verpackung C gelang mehrheitlich zwar schneller als bei Verpackung A, die farblich nicht abgehobenen und nur schwer erkennbaren Perforierungen wurden aber oft nicht wahrgenommen bzw. genutzt.
Auch in der zweiten Teilprüfung öffneten 13 Teilnehmer die Verpackung nicht an den vorgesehenen Perforierungen. Verpackung A konnte zwar von 90 % aller Teilnehmer auf dem vom Hersteller vorgesehenen Weg geöffnet werden, aber sie benötigten dafür meist mehr Zeit als bei den anderen Verpackungen. Dies lässt sich auf den schlecht erkennbaren Kartonstreifen an der Verpackungsvorderseite zurückführen, der von den Teilnehmern zunächst erst einmal gefunden und dann abgetrennt werden musste.
Die grafisch akzentuierte Gestaltung der Verpackung verringerte in diesem Fall die Wahrnehmbarkeit des Öffnungsmechanismus. Der Text des Öffnungshinweises ist klein gedruckt und hebt sich nicht deutlich vom Hintergrund ab. Dieses Öffnungskonzept unterschied sich von jenen der anderen getesteten Verpackungen und war den Teilnehmern vermutlich nicht in ähnlicher Weise vertraut. Die große Zahl an erfolgreichen Öffnungsversuchen auf alternativen Öffnungswegen führte dennoch zu positiven Zufriedenheitswerten.
Im Teilschritt Effizienz wurden die Verpackungen A und B schneller geöffnet, wenn der vom Hersteller vorgesehene Öffnungsmechanismus genutzt wurde. Die Mechanismen erwiesen sich als klarer Vorteil für die Verbraucher, insbesondere weil ein zerstörungsfreies Öffnen ein Wiederverschließen der Faltschachteln ermöglicht. Die höchsten Zufriedenheitswerte bei Verpackung B zeigen den engen Zusammenhang zwischen der benötigten Zeit zum Öffnen der Verpackung und der Zufriedenheit. Hinsichtlich Alter und Geschlecht ergaben sich keine signifikanten Präferenzen für eine der untersuchten Verpackungen.
Fazit
Lediglich 60 % der Teilnehmer gelang das richtige Öffnen der Verpackungen im ersten Versuch. Das Öffnen der Teeverpackung an den verklebten Seiten dauerte länger als die korrekte Betätigung der perforierten Öffnung und führte zu verminderter Zufriedenheit.
Um die Zufriedenheit der Konsumenten mit den Verpackungen zu steigern, können aus der vorliegenden Studie folgende Maßnahmen zur Verbesserung abgeleitet werden: Eine klar erkennbare Perforierung mit oder ohne farbliche Hervorhebung gewährleistet eine gute Wahrnehmbarkeit des Öffnungsmechanismus. Die Ergebnisse für Verpackung A und C unterstreichen die Bedeutung eines klar erkennbaren Öffnungsmechanismus besonders. In diesen Fällen sollte sich die Perforierung deutlicher von der Verpackung abheben und der Öffnungshinweis gut sichtbar angebracht sein. Durch diese Verbesserungen könnte die für das Öffnen benötigte Zeit reduziert und die Zufriedenheit gesteigert werden.
Wurde der Öffnungsmechanismus der Verpackungen erkannt, so bereitete es den Teilnehmern kaum Schwierigkeiten diesen zu nutzen. Handlungsbedarf besteht für den Verpackungstyp Faltschachtel demnach besonders in der Verbesserung der Wahrnehmbarkeit des Öffnungsmechanismus, damit Konsumenten die Verpackung leicht öffnen und die Vorteile des Wiederverschlusses nutzen können. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um die Zufriedenheit der Verbraucher weiter zu verbessern.
Literatur
[1] BAGSO, Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (2003); Beschwerdepool für ältere Verbraucher. Ergebnisse der Befragung zum Thema Verpackung [zuletzt aufgerufen: 20.09.2018]. URL: www.bagso.de/fileadmin/Aktuell/Verbraucherforum/Verpackungen_Ergebnisse_Langfassung_01.pdf.
[2] DIN CEN/TS 15945; Verpackungen - Leichtes Öffnen – Kriterien und Prüfverfahren für Bewertung von Verbraucherverpackungen. Beuth Verlag, Berlin (2011).
[3] DIN EN ISO 8589:2010-06: Sensorische Analyse - Allgemeiner Leitfaden für die Gestaltung von Prüfräumen. Beuth Verlag, Berlin (2010).
[4] DIN EN 12464-1:2011-08: Licht- und Beleuchtung - Beleuchtung von Arbeitsstätten – Teil 1: Arbeitsstätten in Innenräumen. Beuth Verlag, Berlin (2008).
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