Biesterfeld Spezialchemie stellt sich mit dem Bereich Nutrition auf aktuelle Marktbedürfnisse ein
Interview mit Bernd Maximilian Fischer, Leiter des Geschäftsbereichs Nutrition
Der Distributeur Biesterfeld Spezialchemie ist als Teil der Biesterfeld-Gruppe international aktiv in den Bereichen LifeSciences, CASE (Coatings, Adhesives, Sealants, Elastomers), Performance Products und Nutrition. Innerhalb der Business Unit Nutrition wird ein breit gefächertes Spektrum an Lebensmittelzusatzstoffen und -zutaten für alle Anwendungsgebiete der Lebensmittelindustrie vertrieben. CHEManager befragte Bernd Maximilian Fischer, Leiter des Geschäftsbereichs Nutrition bei der Biesterfeld Spezialchemie, zur strategischen Ausrichtung des Bereichs. Die Fragen stellte Dr. Birgit Megges.
CHEManager: Herr Fischer, seit Oktober 2015 sind Sie für die Leitung der Business Unit Nutrition zuständig. Ein paar Monate zuvor hieß der Bereich noch Food Ingredients. Wie erklären Sie die Umbenennung?
B. M. Fischer: Wir haben uns aufgrund unserer breiten Aktivitäten im Foodbereich entschlossen, die Business Unit Food Ingredients in Nutrition umzubenennen. Nutrition beschreibt nicht nur die Lebensmittelzusatzstoffe, sondern auch den Bereich der Nahrungsergänzungsmittel und stellt damit unser international aufgestelltes Produktportfolio umfassender dar.
Können Sie konkrete Ziele für die Business Unit definieren?
B. M. Fischer: Wir wollen in den nächsten Jahren unser nachhaltiges Wachstum mit erklärungsbedürftigen Spezialitäten weiter fortsetzen. Dazu gehört eine gezielte Weiterentwicklung des Produktportfolios, indem wir neue strategische Partner gewinnen und die Zusammenarbeit mit bestehenden Partnern weiter ausbauen. Regional werden wir die Nutrition-Präsenz durch Nutzung der Synergien im globalen Biesterfeld-Netzwerk ausweiten. Last but not least prüfen wir kontinuierlich Akquisitionsmöglichkeiten.
Warum ist der Bereich Nutrition strategisch wichtig für die Biesterfeld Spezialchemie?
B. M. Fischer: Europaweit ist die Lebensmittelindustrie mit knapp 15 Prozent Anteil die größte Industriesparte. Zudem ist sie deutlich weniger konjunkturabhängig als viele technische Industriezweige wie zum Beispiel die Automobilbranche. In der sehr stark fragmentierten Lebensmittelindustrie spielen regionale mittelständische Hersteller eine wichtige Rolle – eine ideale Basis für Distributeure.
Zum Angebot eines Chemiedistributeurs gehören zweifellos auch umfangreiche Serviceleistungen. Welche Aufgaben muss Ihrer Ansicht nach ein Distributeur erfüllen?
B. M. Fischer: Wir sind „der verlängerte Vertriebsarm für den Lieferanten“ - Biesterfeld übernimmt Vertrieb, Marketing, anwendungstechnische Beratung, Logistik und Finanzierung. Vor allem mittelständische Kunden können in der Regel über uns viel effizienter bedient werden.
Der wichtigste Service für unsere Lieferanten ist ein auf die lokalen Marktgegebenheiten abgestimmtes, maßgeschneidertes Marketingkonzept mit klaren Zielsetzungen. Transparenz und offene Kommunikation sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor in der Umsetzung. Entscheidend für die erfolgreiche Vermarktung von Spezialitäten ist ein erfahrener technischer Außendienst mit exzellentem Zugang zu den R&D-Abteilungen der Kunden. Ein umfassendes Produktportfolio ermöglicht darüber hinaus viele Synergien und Cross-Selling-Effekte. State-of-the-art-Logistik, Qualitätsmanagement und IT-Expertise werden heute von Industriepartnern zu Recht vorausgesetzt. Unsere Kunden profitieren von der breiten Produktpalette und der anwendungstechnischen Beratung – alles aus einer Hand.
Wie sieht Ihr Portfolio aus? Auf welche Kundengruppen ist Ihr Angebot zugeschnitten?
B. M. Fischer: Biesterfeld bedient das gesamte Spektrum der Lebensmittelindustrie mit funktionellen Stärken, Hydrokolloiden, Phosphaten, Emulgatoren, Proteinen und Aromen. Abgerundet wird unser Portfolio mit Konservierungsstoffen, Ballaststoffen, Vitaminen, Aminosäuren, Pflanzenextrakten und Antioxidantien. Wichtige Marktsegmente für Nutrition sind würzige Lebensmittel und Convenience-Produkte, Molkereiprodukte sowie Back- und Süßwaren.
Ihr Geschäft ist stark beeinflusst von allgemeinen Marktentwicklungen im Bereich der Lebensmittelchemie. Welche Herausforderungen sehen Sie, die auf die Lebensmittelindustrie zukommen werden?
B. M. Fischer: Die Megatrends in der Lebensmittelchemie sind derzeit die Themen „Clean Label“ oder „Free from“. Bei „Clean Label“ geht es vor allem um Transparenz durch eine überschaubare und verständliche Zutatenliste für den Verbraucher. Besonders im Fokus stehen dabei der Verzicht auf Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker und künstliche Farbstoffe sowie Aromen.
Im Fall von „Free from“ geht es zusätzlich um spezielle Ernährungsformen. Dazu zählen ethische Themen wie vegetarische oder vegane Ernährung, gentechnisch veränderte Lebensmittelzutaten, Palmöl, koschere oder Halal-Produkte. Ein weiterer Aspekt sind Unverträglichkeiten oder Allergien auf bestimmte Inhaltsstoffe wie Gluten oder Laktose. Die Nachfrage nach entsprechenden Produkten steigt ständig und die Lebensmittelchemie ist gefordert, dem Verbraucher entsprechende Lösungen anzubieten.
Generell gewinnen die Themen „Convenience“ und „Food to go“ immer mehr an Bedeutung. Hintergrund ist der anhaltende Trend zu kleineren Haushalten und die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt. In der „Küche 2.0“ muss es vor allem schnell gehen – dennoch will der Verbraucher bei Genuss und Gesundheit keine Einschränkungen machen.
Welche dieser Entwicklungen werden Ihrer Meinung nach den größten Einfluss auf Ihre eigenen Geschäfte nehmen?
B. M. Fischer: Der Clean-Label-Trend hat sicherlich das größte Veränderungspotenzial für unseren Bereich. In Marktsegmenten wie Farbstoffen oder Aromen hat sich der Markt in den letzten Jahren konsequent in die Richtung „natürlich“ bewegt. Die Hersteller haben rechtzeitig reagiert und ihr Portfolio entsprechend angepasst – so werden zum Beispiel in Süßwaren heute überwiegend natürliche Farbstoffe und Aromen eingesetzt. Dieser Trend ist aufgrund der vielfach höheren Einsatzkosten ein wesentlicher Wachstumsmotor für die Zulieferindustrie.
Auch der Free-from-Trend bietet viele Möglichkeiten. Die Produktion von laktosefreien Lebensmitteln mithilfe des Enzyms Laktase ist relativ einfach und kostengünstig in der Umsetzung. Dagegen ist der Ersatz von Gluten in Backprodukten technologisch eine große Herausforderung – hier bieten wir innovative Lösungen mit pflanzlichem Protein.
Die Themen „Bio“ und „Nachhaltigkeit“ sind im Bereich der Ernährung hoch aktuell. Welche Trends können Sie hier beobachten?
B. M. Fischer: Es wird viel über Bio diskutiert – allerdings liegt der Marktanteil mit gut vier Prozent am Gesamtmarkt immer noch auf niedrigem Niveau und konzentriert sich weitgehend auf agrarnahe, wenig verarbeitete Lebensmittel.
Viel wichtiger für die Branche ist das Thema Nachhaltigkeit, das heißt die Beachtung von ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten bei der Lebensmittelproduktion.
„Regio beats Bio“ ist ein Schlagwort aus diesem Zusammenhang, das den anhaltenden Trend zur regionalen Versorgung veranschaulicht. Auch die Themen Tierethik und damit verbunden das dynamische Wachstum bei vegetarischen und veganen Lebensmitteln werden die Branche zunehmend verändern.
Wie stellen Sie sicher, dass Sie auch bezüglich dieser Themen aktuell bleiben und Ihren Kunden attraktive Lösungen bieten können?
B. M. Fischer: Wir informieren uns über Markttrends und haben die individuellen Kundenbedürfnisse immer im Blick. So können wir zum Beispiel ein veganes Kartoffelprotein anbieten, welches tierische Gelatine und Eiweiße in vielen Anwendungen problemlos ersetzen kann. Hierzu zählen: Vegane Fruchtgummis, Fleischersatzprodukte, glutenfreies Brot und eifreie Dressings. Weitere Beispiele sind Fleischaromen auf rein pflanzlicher Basis oder Vanillin aus nachwachsenden Rohstoffen.
Generell stehen wir im ständigen Dialog mit unseren innovativen Lieferanten und entwickeln Lösungen für die Herausforderung der Industrie.