Automatisierung in der Backwarenlogistik
Körber Supply Chain Automation bewegt große Warenmengen genau, zuverlässig und rückverfolgbar für Lieken in Lüdersdorf
Was für die allgemeine Intralogistik gilt, trifft im Bereich der Kühlketten umso stärker zu: Durch Automatisierung lässt sich Logistik dynamischer, sicherer und wirtschaftlicher gestalten. Längst hat sich bei der Automatisierung ein Verständnis sämtlicher intralogistischen Prozesse etabliert, vom Wareneingang über die Lagerung und Produktionsversorgung bis hin zum Warenausgang. Für jeden Arbeitsschritt im Lager sind individuelle Lösungen vorhanden.
Palettieranlagen, automatische Regalbediengeräte und/oder Paletten-Shuttle-Systeme, Fördertechnik, automatische Kommissionierlösungen, automatische Lkw-Belade-/Entladesysteme etc. können große Mengen an Waren mit einem hohen Maß an Genauigkeit zuverlässig und rückverfolgbar bewegen. Diesen ganzheitlichen technologischen Zugang verfolgten wir mit dem Körber-Geschäftsfeld Supply Chain auch für Lieken, einen der führenden Hersteller von Brot- und Backwaren in Deutschland, an seinem Standort in Lüdersdorf. Ziel war es Effizienz und Durchsatz deutlich zu steigern. Dafür wurde ein vollautomatisiertes Tiefkühl-Hochregallager errichtet, IT-Prozesse ganzheitlich vernetzt und für durchgängig automatisierte Warenflüsse zwischen Produktion und Warenausgang gesorgt.
Zunächst lohnt es diesen Use-Case in seinen Einzelheiten zu beschreiben, um danach allgemeine Rückschlüsse auf die Chancen eines automatisierten Kühllagers zu ziehen. Innerhalb weniger Monate wurde das Hochregallager bei Lieken in Silobauweise erstellt. Alle Komponenten waren auf eine Umgebungstemperatur von deutlich unter - 24 °C ausgelegt. Die Stützen des Regalsystems waren zugleich tragenden Elemente für das Hallendach und die Anbringung der Seitenwände. So entstand ein kompaktes, drei-gassiges Hochregallager mit 6.000 Palettenstellplätzen für doppel-tiefe Lagerung. Bei Tiefkühllagern fordert jeder Kubikmeter umbauter Raum hohe Unterhaltskosten, daher ist die gesamte Anlage auf optimale Raumnutzung, schnelle Prozesse und geringste Temperaturverluste ausgelegt worden.
Mit dem neuen Hochregallager wurden die Prozesse zwischen Produktion und Versand komplett automatisiert, um den reibungslosen Warenfluss von mehreren hundert Tonnen Brot- und Backwaren täglich zu gewährleisten. Dafür wurden neue Vorzonen für Wareneingang und Versand, eine direkte Fördertechnik-Anbindung an Produktion und Bestandslager sowie die IT-Schnittstellen für die Anlagensteuerung über das kundenseitig installierte Lagerverwaltungssystem und den installierten Materialflussrechner (MFR) integriert.
Ein ganzheitliches Konzept
Im Sinne der Sicherheit in der Kühlkette nimmt das Thema Nachverfolgbarkeit eine gehobene Rolle für Tiefkühl- und Kühllager ein. Moderne Logistik muss immer mehr Waren, mit immer größerer Produktvielfalt in immer kleineren Bestellmengen in immer kürzerer Zeit umschlagen. Mittlerweile ist es durch digitale und automatisierende Systeme leicht möglich, Parameter wie Gewicht, Temperatur, Druck, Mindesthaltbarkeit und Produktionschargen nachzuverfolgen. Automatisierung zahlt sich für die Qualität der Produkte aus und schafft Sicherheit gerade bei verderblicher Ware.
Um dies zu bebildern: In dem neuen Produktionsbereich in Lüdersdorf werden die gebackenen und anschließend tiefgefrorenen Backwaren zunächst primär und dann sekundär verpackt. Die nun in Kartons verpackten tiefgekühlten Backwaren werden vollautomatisch palettiert. Die erzeugten Paletten werden automatisch gewickelt sowie mit einem Label versehen und schließlich über die Fördertechnik ins Tiefkühl-Hochregallager transportiert und eingelagert. Werden die tiefgefrorenen Backwaren für eine Kundenlieferung disponiert, so werden die Paletten vollautomatisch ausgelagert und über die Fördertechnik in den Warenausgang transportiert. Die Anlagensteuerung sorgt für schnelle Auslagerungs- und Verladeprozesse und garantiert die Einhaltung der durchgängigen Kühlkette.
Die durchgängig automatisierten Warenflüsse von Produktion bis in den Warenausgang haben Effizienz und Durchsatz in Lüdersdorf deutlich gesteigert. Das heißt jedoch nicht, dass die vollumfängliche Automatisierung immer der Königsweg sein muss. Die Grundfrage bei Um- und Neugestaltung sollte lauten: Wo kann Effizienz gesteigert werden? Wieviel Automatisierung ist sinnvoll?
Ressourcensparend
Nicht jedes Lebensmittellager muss in allen Prozessen vollautomatisiert funktionieren. Sind bereits effektive Abläufe vorhanden, kann eine gut abgestimmte Kombination manueller und automatisierter Abläufe sinnvoll sein. Jedes Kühllager ist einzigartig mit seinen individuellen Parametern. Um zu analysieren, wo Automatisierung Effizienz steigern kann und um konkrete technische Lösungsansätze herauszuarbeiten, gilt es erfahrene Experten vor Ort hinzuziehen und zunächst, die geschäftlichen Anforderungen, die Strategie und die Eignung zu überprüfen. Dabei hilft es, laufende Kosten den Kosten für ein Investment in neue Technologien entgegenzustellen. Dafür lohnt es künftige Herausforderungen mitzudenken, d. h. nicht zuletzt den Fachkräftemangel sowie ökologische und energetische Ziele.
Das Gewinnen von Mitarbeitern ist ein Problem, das sich im Tiefkühl- und Kühllager potenziert, da die rauen Umgebungsbedingungen mitunter abschreckend auf potenzielle Bewerber wirken. Robotergestützte Systeme können schwere Tätigkeiten im Tiefkühlbereich automatisieren und die notwendigen manuellen Arbeiten bspw. durch moderne Pick-by-Voice-Technologien und die Verlagerung der Arbeitsplätze in wärmere Umgebungen nach dem Prinzip „Ware-zu-Person“ erleichtert werden. So kann bei - 24 °C die Lagerarbeit 24/7 fehlerfrei laufen und auf sich ändernde Volumina, Anforderungen und Sortimente reagieren. Zugleich zeigen sich hier Einsparpotentiale besonders schnell, sodass sich Investitionen durch die deutlich höhere Produktivität und geringere Lohnkosten schnell rechnen.
Gleiches gilt für Energieeinsparungen. Übernehmen Roboter die Kommissionierung in der Kälte, wird ein erwärmtes Umfeld für Mitarbeiter nicht mehr benötigt. Die Automatisierungstechnologie lässt sich an die Haustechnik koppeln, sodass z. B. Tore nur für den kurzen Moment des Palettentransports geöffnet werden, was Temperaturverluste minimiert. Auch kann die Energie, die beim Bremsvorgang von Regalbediengeräten (RBG) erzeugt wird, aufgefangen werden. Per Energierückspeisung ist es möglich diese „Abfallenergie“ zurück in das Hausnetz zu speisen. Mittels Energiespeicher auf den RBG kann zeitversetzt diese erzeugte Energie wiederverwendet werden. Dies sind nur einige Beispiele, die das nachhaltige Potential von Automatisierung aufzeigen.
Hinzu kommt die deutlich höhere Lagerdichte, die sich im automatischen Lager erreichen lässt. Reduzierte Verkehrsflächen, besser genutzte Regalkapazitäten, sodass sich der zu kühlende Raum verkleinert. Zugleich können automatische Lager über 40 m hoch gebaut werden, manuellen hingegen ist eine Grenze von 15 m gesetzt. Wieso also in die Breite wachsen was teuer und ökologisch problematisch ist, da es zur Flächenversiegelung beiträgt? Wieso nicht mittels Automatisierung eine maximale Flächen- und Energieeffizienz erreichen? Wie der besprochene Use-Case zeigt, bietet Automatisierungstechnologie großes Potential, nicht zuletzt für Tiefkühllager, wenn es darum geht Abläufe effizient zu gestalten. Künftig schließt das zunehmend den Gedanken ein, ressourcenschonend zu agieren. Automatisierung ist dafür ein probates Mittel.
Autor: Mark Vogt, Director Sales & Marketing, Automation, Körber BA Supply Chain
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