Proteine und Ballaststoffe aus Brauereihefe
Yeastup und Elea Technology erproben PEF-Behandlung von Brauerei-Überschusshefe mit gepulsten elektrischen Feldern
Die Technologie der gepulsten elektrischen Felder (PEF) kann in der Lebensmittelindustrie und der Biotechnologie zur Optimierung von Produkten und Prozessen eingesetzt werden. Obwohl das innovative Verfahren bereits seit den 1960er Jahren bekannt ist und in den 1990er Jahren in die industrielle Anwendung gebracht wurde, sind die Potenziale der „pulsed electric fields“ noch lange nicht ausgeschöpft. Jetzt erprobt das schweizer Unternehmen Yeastup, ob mit einem PEF-System der Firma Elea Technology der Zellaufschluss von Überschusshefe aus Brauereien verbessert werden kann.
Aus diesem Nebenstrom der Bierherstellung gewinnt Yeastup Proteine und Ballaststoffe für die menschliche Ernährung in einem nachhaltigen und energieeffizienten Kreislaufprozess. Ein Erfolg würde dem energie- und ressourcenschonenden PEF-Verfahren neue Einsatzmöglichkeiten eröffnen.
Etwa 10.000 t Überschusshefe entstehen täglich weltweit bei der Bierproduktion. Sie werden zu rund 90 % als Futtermittel genutzt. Daniel Gnos, Gründer und CEO der Yeastup, war mit dieser Lösung nicht zufrieden und beschritt gemeinsam mit Mitgründer Urs Briner und einem kleinen Team neue Wege: „Hefe hat eine enorme Nährstoffdichte mit hochwertigen Proteinen und Ballaststoffen. Wir verfolgen das Ziel, diese direkt für den wachsenden Proteinbedarf der Weltbevölkerung nutzbar zu machen, ohne den energie- und ressourcenintensiven Umweg über die Nutztierhaltung”, so Gnos. Er kombinierte seine Erfahrung aus der Brauereiindustrie und der Entwicklung proteinreicher Lebensmittel und erarbeitete in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Life Sciences FHNW in der Schweiz, verschiedenen Ingenieurbüros und Maschinenherstellern ein skalierbares Verfahren zur Isolation der werthaltigen Hefebestandteile. Mittlerweile ist es in zahlreichen Punkten zum Patent angemeldet.
Upcycling für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft
Beim Upcycling der Überschusshefe erfolgt zunächst eine Standardisierung der angelieferten Hefeemulsion und dann ein schonender Zellaufschluss, der die freigesetzten Bestandteile der Hefezellen weitestgehend intakt lässt. In der Folge gilt es, unangenehme Geschmacksstoffe, bspw. Hopfenbitterstoffe aus dem Brauprozess, zu entfernen und die Inhaltsstoffe so aufzureinigen und zu fraktionieren, dass ein hochreines und geschmacksneutrales Proteinpulver mit optimalen Verarbeitungseigenschaften entsteht. Das Yeastin genannte Produkt kann vielseitig für Lebensmittel genutzt werden.
Yeastup verfolgt einen stark forschungsgetriebenen Ansatz, um den mechanischen oder enzymatischen Zellaufschluss kontinuierlich zu optimieren und die Effizienz und Ausbeute biotechnologischer Prozesse zu steigern. So kam es im April 2022 zu ersten gemeinsamen Untersuchungen des Yeastup-Teams und Elea Technology aus dem niedersächsischen Quakenbrück, ob der Zellaufschluss der Hefe durch den Einsatz gepulster elektrischer Felder (PEF) verbessert werden kann. Interessant ist dabei nicht nur die Frage, ob eine bessere Ausbeute der wertvollen Hefeinhaltsstoffe möglich ist, sondern vor allem, ob PEF einen positiven Einfluss auf die Funktionalität der Proteine hat.
Erfolge mit der PEF-Behandlung
Die Inaktivierung oder Stimulierung von Mikroorganismen ist ein interessantes Anwendungsfeld gepulster elektrischer Felder. Das elektrische Feld bewirkt eine zusätzliche Ladung der Zelle, in deren Folge Poren in der Zellmembran entstehen. Diese sogenannte Elektroporation erlaubt einen leichteren Massentransport, aus dem sich viele Vorteile für unterschiedliche Einsatzbereiche ergeben. Durch die PEF-Behandlung von Säften können z. B. Hefen, Schimmelpilze und Bakterien abgetötet werden, um die mikrobielle Belastung zu reduzieren. Dadurch kann eine definierte Haltbarkeit und mikrobielle Sicherheit des Produktes erzielt werden. Durch das schonende Verfahren, das im Vergleich zur thermischen Behandlung mit deutlich niedrigerer Temperatur arbeitet, werden die Nährstoffe, der Geschmack und die Farbe nicht beeinträchtigt. Auf der anderen Seite ist bei geringeren PEF-Intensitäten, d. h. Feldstärken unter 1 kV/ cm, auch eine Stressinduktion möglich, die zur Stimulation des Mikroorganismen-Stoffwechsels führt und die Fermentationsgeschwindigkeit erhöhen kann.
Werden Starterkulturen für fermentierte Produkte behandelt, kann das zu einer besseren Leistung führen und bspw. die rheologischen Eigenschaften des Endproduktes beeinflussen. Die verbesserte Extraktion von Zellinhaltsstoffen, die für Yeastup ein entscheidendes Erfolgskriterium ist, wird industriell schon in der Wein- und Olivenölherstellung genutzt. In beiden Fällen bewirkt PEF eine Elektroporation der Pflanzenzelle, sodass beim Wein wertgebende Polyphenole leichter extrahiert werden können und in der Olivenölproduktion die Ausbeute an hochqualitativem, nativem Olivenöl steigt. Ein weiteres Anwendungsfeld der Behandlung mit gepulsten elektrischen Feldern könnte die Behandlung von Hefezellen zur Extraktion wertvoller Inhaltsstoffe sein. Hefezellen enthalten u.a. Proteine, Kohlenhydrate, Vitamine und Enzyme in hoher Konzentration und hochwertiger Zusammensetzung.
Hochwertige Proteine
Die zukünftig unter der Marke Yeastin vertriebenen Hefeproteine von Yeastup eignen sich u. a. als Basiszutat für Fleisch-, Milch- und Käsealternativen. Technofunktionelle Tests belegen auch eine erhöhte Gelierfähigkeit und eine sehr gute Löslichkeit. Für Fleisch- und Käsealternativen ist Yeastup bereits mit Partnern in Kontakt, um gemeinsam Anwendungen zu entwickeln, sobald Yeastin in die Vorproduktion geht. Dabei bieten die Hefeproteine Vorteile durch ihre natürlichen aroma- und geschmackgebenden Inhaltsstoffe.
Yeastup legt einen zweiten Schwerpunkt auf Beta-Glucane und Mannan aus der Hefezelle, die unter der Marke Upfiber als Inhaltsstoffe für hochwertige natürliche Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel genutzt werden sollen. Außerdem ist die Hefezelle eine natürliche Quelle mehrerer B-Vitamine, die eine wichtige Rolle für den Stoffwechsel, die Energieproduktion und die Gesundheit der Zellen spielen. Enthaltene Enzyme wie Lipasen, Amylasen und Proteasen werden in der chemischen und pharmazeutischen Industrie verwendet.
„Die PEF-Technologie, die uns Elea in den ersten Versuchen vorgeführt hat, ist äußerst vielversprechend und besitzt großes Potential, um bestehende Methoden zu ersetzen“, erklärt Sandra Martinek aus dem R&D-Team von Yeastup. „Im Rahmen weiterer Untersuchungen wollen wir ihre Anwendbarkeit validieren und die Effektivität für unsere Zwecke optimieren, bspw. für die Inaktivierung unerwünschter Mikroorganismen“, skizziert Martinek die nächsten Projektschritte. Während der ersten Versuchsreihe wurden diverse Parameter untersucht, um deren Wirkung auf die Zellmembran zu testen. Dabei wurden jeweils 20 l Überschusshefe verarbeitet. Der verbesserte Hefeaufschluss gelang problemlos. Die Zellmembran wurde geöffnet und Proteine konnten nach dem Zentrifugieren im Überstand nachgewiesen werden. Einige der Vorteile, die sich direkt zeigten, sind bspw. die schnelle und schonende Verarbeitung, der hohe Durchsatz, der auch industriell skalierbar ist, sowie der geringe Temperaturanstieg bei der Verarbeitung.
PEF-Systeme in der Industrie
PEF eignet sich für verschiedene Anwendungen in der Lebensmittelindustrie, sei es die Inaktivierung von Hefezellen für die Herstellung von fermentierten Produkten oder die Konservierung von Lebensmitteln durch Reduktion einer mikrobiellen Belastung. Die PEF kann auch während einer Fermentation eingesetzt werden, um deren Geschwindigkeit zu beeinflussen oder das Stoffwechselspektrum qualitativ und quantitativ zu verändern.
Die marktverfügbaren PEF-Systeme bestehen im Allgemeinen aus einem Pulsmodulator und einer Behandlungseinheit. Durch unterschiedlichen Anlagenaufbau lassen sich flüssige und feste Produkte behandeln sowie verschiedene Verarbeitungskapazitäten und Leistungsstufen realisieren. Die Durchflussraten für flüssige Stoffe wie Saft oder die Hefeemulsion zur Yeastin-Gewinnung sind produkt- und massenabhängig. Die Behandlungszone wird in ein Rohrsystem integriert, dessen Durchmesser entsprechend durchsatzabhängig dimensioniert ist. Derzeit sind 200 Elea PEF-Systeme weltweit installiert und in Betrieb. Die Hauptanwendung ist hierbei die Kartoffelverarbeitung. Durch den Einsatz der PEF-Technologie wird die Kartoffelstruktur deutlich weicher, wodurch sie leichter zu verarbeiten ist und sich unzählige Vorteile für die weiteren Prozessschritte ergeben. Höhere Ausbeuten, geringerer Ölgehalt und verlängerte Haltbarkeit der Messer sind nur einige davon.
Daniel Gnos ist vom Potential der Yeastin-Proteine überzeugt: „Das Faszinierende an unserer Produktrange ist, dass wir Proteine anbieten können, die mit ihrem vollständigen Aminosäureprofil der ernährungsphysiologischen Wertigkeit tierischen Proteins entsprechen, dabei aber vegan und nachhaltig sind. Außerdem konkurrieren sie nicht mit anderen pflanzlichen Nahrungsmitteln um Ressourcen.“ Auch die ersten Versuche zur Hefebehandlung stimmen ihn zuversichtlich: „Die PEF-Technologie kann uns helfen, unsere Ziele noch effizienter zu erreichen. Sie bietet ein breites Anwendungsspektrum und hat hinsichtlich Qualität, Textur und Geschmack der Produkte klare Vorteile. PEF-Systeme lassen sich direkt in die Produktionsabläufe integrieren und könnten attraktive Energiespar- und Optimierungspotentiale im Herstellungsprozess eröffnen.“
Autorin: Corinna Stühmeier-Niehe, Biotechnologist, Elea Technology GmbH, Deutschland
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Der Wirkungsmechanismus von PEF
Die Anwendung von PEF (pulsed electric fields) beeinflusst die Zellmembran jeder biologischen Zelle. Dabei kann es sich um mikrobiologische, tierische oder pflanzliche Zellen handeln, bspw. die einer Kartoffel. Je nach Aufbau reagiert jede Membran unterschiedlich sensibel auf gepulste elektrische Felder. Der Hauptbestandteil der Membran sind Phospholipide, die in ihrer Rolle als Nichtleiter einen wesentlichen Anteil am Aufbau der natürlichen Ladung und des sogenannten Transmembranpotentials haben. Durch das Anlegen einer externen Spannung kann dieses Potential erhöht und eine Elektrokompression hervorgerufen werden. In Abhängigkeit von der eingesetzten Feldstärke resultieren daraus Poren in der Zellmembran, die reversibel oder irreversibel sein können. Dieser Prozess wird auch als Elektroporation bezeichnet. Das Ausmaß der Elektroporation und der nachfolgenden Schädigung der Zellen hängt von der elektrischen Feldstärke, der spezifischen Energie, der Pulsdauer und der Frequenz ab. Reversible Poren sind hydrophil und schließen sich nach einiger Zeit wieder. Bei höherer Intensität oder Änderung der Pulscharakteristik der PEF-Behandlung kommt es zur Bildung hydrophober Poren und der dauerhaften Zellschädigung oder Inaktivierung von Mikroorganismen. Produkterwärmung und Energiebedarf sind dabei gering im Vergleich zur thermischen Behandlung. Pflanzliche Zellen verlieren ihren Zellinnendruck (Turgor), wodurch der Stofftransport erleichtert wird, bspw. bei einer Extraktion. PEF haben sich bereits bei einer Reihe von Lebensmitteln wie Chips, Säften, getrockneten Produkten oder in der Kartoffelverarbeitung bewährt.
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