Fooddesign, Hygiene und Überwachung

Jennewein Biotechnologie entwickelte ein Fermentationsverfahren für humane Milcholigosaccharide (HMO) in der Säuglingsnahrung

HMOs verhindern Darminfektionen, unterstützen das Immunsystem und fördern die neuronale Entwicklung von Säuglingen

18.04.2019 - Wie sich das Mikrobiom in der Kindheit entwickelt, hat Folgen für das ganze Leben.

Wie sich das Mikrobiom in der Kindheit entwickelt, hat Folgen für das ganze Leben. Risiken für Allergien, Darmerkrankungen und Übergewicht sind davon beeinflusst. Ernährung spielt von Anfang an eine wesentliche Rolle. Mehrfachzucker in der Muttermilch, die humanen Milcholigosaccharide (HMO), können eine gesunde Darmflora fördern.

Billionen von Mikroorganismen im Darm wirken wie ein komplexes Organ und unterstützen die Verdauung, das Immunsystem, Gehirn und Nerven. In den ersten drei Lebensjahren entwickelt sich eine Darmflora, die für das gesamte Leben prägend ist. Werden hier die Weichen ungünstig gestellt, kann dies das Risiko für Stoffwechselstörungen und chronisch entzündliche Erkrankungen im späteren Leben erhöhen.

Derzeit sind über 50 % der Erwachsenen von Übergewicht einschließlich Adipositas betroffen. Fast 20 % der 18- bis 79-Jährigen leiden mindestens an einer Allergie, laut Ergebnissen der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Mit der Entdeckung des Mikrobioms hat sich hier ein völlig neues Forschungsfeld eröffnet. Gerade erst beginnen Wissenschaftler auf der ganzen Welt herauszufinden, wie sich bestimmte Nahrungsmittel und Umwelteinflüsse auf die Bakteriengemeinschaft in unserem Darm auswirken, und wie diese unsere Gesundheit beeinflussen kann.

Durchschnittlich 1,5 kg wiegt die Gesamtheit aller Mikroorganismen in unserem Darm. 90 % davon sind Bakterien, der Rest Viren, Pilze und Einzeller. Genau genommen bezeichnet der Ausdruck Mikrobiom die gesamte genetische Information der Mikroben. Durch moderne Methoden der Gensequenzierung können Forscher heute die komplexe Zusammensetzung der Darmbakterien genau analysieren. Sie haben dabei bisher über 1.000 verschiedene Arten entdeckt, die im Darm vorkommen können. Jeder Mensch trägt seine ganz eigene Signatur, die wie ein Fingerabdruck einzigartig ist und meist aus rund 160 Arten besteht.

Ernährung beeinflusst Mikrobiom und Gesundheit

„Das Mikrobiom ist ein Spiegelbild unserer Ernährung“, sagt Prof. Dr. Stephan Bischoff, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin an der Universität Hohenheim. Denn welche Mikroben im Darm gedeihen, hängt wesentlich davon ab, welche Nahrung wir zu uns nehmen. Jede Bakterienart hat ihr eigenes optimales Umfeld, in dem sie wachsen kann. „Eine gesunde Ernährung führt zu einem gesunden und vielfältigen Mikrobiom“, erklärt Prof. Bischoff, „niedrige Diversität wird in aller Regel als ungünstig angesehen, dann besteht eine höhere Gefahr für Infekte oder Darmerkrankungen.“

Auch wenn es die eine „richtige Ernährung“ nicht gebe, so Bischoff, sei allgemein eine vielfältige, ausgewogene Ernährung günstig, der so genannte „bunte Teller“, auf dem von allem etwas zu finden sei. So zeigte die traditionelle Mittelmeerküche mit reichlich Gemüse, Obst, Nüssen, Olivenöl und Fisch, sowie wenig Fleisch, in neueren Studien positive Wirkungen auf Darmflora und Gesundheit. Die westliche Ernährungsweise ist dagegen meist zu einseitig und führt häufiger zu Stoffwechselerkrankungen. „Adipositas und Diabetes gehen einher mit einem veränderten Mikrobiom“, sagt Bischoff, „und die Veränderungen tragen hier mit zum Krankheitsbild bei.“

Frühe Lebensphase prägt Bakteriengemeinschaft im Darm

Die Besiedelung mit Bakterien beginnt bereits bei der Geburt. Den ersten großen Schub an Mi­kroben, die später den Darm besiedeln, nimmt das Baby von der Vaginalflora der Mutter auf, wenn es den Geburtskanal passiert. Sie erreichen den Verdauungstrakt und beginnen sich dort zu vermehren. Kommt ein Baby per Kaiserschnitt zur Welt, fehlt dieser Anfangsschub an günstigen Bakterien.

Wissenschaftler der Universität Luxemburg und Kollegen haben jetzt bei Babys in den ersten Tagen nach einer Kaiserschnitt-Geburt eine veränderte Darmflora und deutlich schwächere Immunreaktionen im Vergleich zu natürlich geborenen Kindern gefunden. „Möglicherweise erklärt das, warum per Kaiserschnitt entbundene Kinder epidemiologisch gesehen häufiger an chronischen, mit dem Immunsystem verbundenen Krankheiten leiden, als vaginal entbundene Babys“, so Studienleiter Prof. Dr. Paul Wilmes. „Möglicherweise wird das Immunsystem dieser Kinder in eine andere Richtung geprägt.“ Ein Kaiserschnitt solle daher nur durchgeführt werden, wenn dies medizinisch notwendig sei, so Wilmes. Während der ersten zwei Lebensjahre kann auch die häufige Gabe von Antibiotika den natürlichen Aufbau der Darmflora stören und zu Krankheiten führen.

Eine frühe Phase nach der Geburt wird heute als kritisch für die gesunde Entwicklung von Neugeborenen angesehen. „Innerhalb der ersten Wochen entwickelt sich das Immunsystem in die richtige oder falsche Richtung, und die wird dann für den Rest des Lebens beibehalten“, erläutert Prof. Yvan Vandenplas, Leiter der Abteilung für Kinderheilkunde des Universitätsklinikums Brüssel. Das könne hauptsächlich zu immunvermittelten Krankheiten wie Asthma oder Allergien, aber auch zu Diabetes und Übergewicht führen. Das Mikrobiom spiele dabei eine wichtige Rolle, neben der genetischen Veranlagung. Es ist „einer der wichtigen Faktoren, die wir beeinflussen können“, so Vandenplas.

Muttermilch fördert Entwicklung der Darmflora

Schon für Babys ist eine gesunde Ernährung von essentieller Bedeutung, damit sich die Darmflora im Verlauf positiv entwickeln kann. Die Muttermilch erweist sich hier als wahrer Wundersaft mit vielen Vorteilen für das Kind. Unter dem Motto „Breast is best“ empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Babys in den ersten sechs Monaten möglichst ausschließlich zu stillen. Dies kann u. a. das Risiko für Durchfallerkrankungen, Mittelohrentzündungen und späteres Übergewicht des Kindes senken. „Wir vermuten, dass die zahlreichen Vorteile des Stillens zum Teil durch die Effekte auf das kindliche Mikrobiom wirken“, so Wissenschaftler von der Columbia University in New York und Kollegen in einer kürzlich veröffentlichten Meta-Analyse. Das Team um Prof. Louise Kuhn hatte Daten von sieben Studien ausgewertet, in denen ausschließlich gestillte und mit Flaschennahrung großgezogene Babys verglichen wurden. Vor allem die bei gestillten Kindern häufig vorkommenden Bifidobakterien waren bei Ersatzmilchnahrung reduziert, und das Gleichgewicht verschob sich schneller zu einer sonst erst später auftretenden diversen Zusammensetzung des Mikrobioms.

Humane Milcholigosaccharide unterstützen die Entwicklung

Auch Säuglingsanfangsnahrungen enthalten alle wichtigen Nährstoffe und Vitamine für ein gesundes Wachstum des Kindes, basieren aber auf Kuhmilch, die sich wesentlich von Muttermilch unterscheidet. Humane Milcholigo­saccharide, „sind eine der drei hauptsächlichen Bestandteile der Muttermilch, und sie fehlen in Kuhmilch“, erklärt Prof. Vandenplas, „das ist ein riesiger Unterschied.“

Die vielfältig zusammengesetzten Zuckerketten, etwa 200 Arten hat man schon entdeckt, erfüllen wichtige Funktionen bei der Entwicklung des Kindes. „HMO in der Muttermilch stimulieren ein bifidogenes Mikrobiom und hemmen das Andocken von Pathogenen“, sagt Vandenplas. „Sie fördern eine balancierte Entwicklung des Mikrobioms.“ Darüber hinaus wirken verschiedene HMO antibakteriell, verhindern Darminfektionen, unterstützen das Immunsystem und sollen auch zur Gehirnentwicklung beitragen. Gehalt und Zusammensetzung an HMO in der Muttermilch ändern sich mit dem Alter des Babys und sind genau an die Entwicklung des Kindes angepasst.

Frühe Störungen des Mikrobioms haben Langzeitfolgen

Nach der Geburt entwickelt sich das Mikrobiom bei Säuglingen im Idealfall mit zunehmendem Alter in einer Abfolge von Bakterienarten, die nacheinander den Darm besiedeln. Mit etwa drei Jahren ist die Darmflora in ihrer Zusammensetzung ausgereift. Wissenschaftler haben Hinweise darauf, dass frühe Störungen der Darmflora zu bleibenden Stoffwechselstörungen führen können. Besonders deutlich zeigt sich dies bei unterernährten Kindern. Wachstumsstörungen aufgrund mangelnder Ernährung können später mit ausreichender Nahrung nicht mehr ausgeglichen werden. Amerikanische Forscher um Prof. Jeffrey I. Gordon von der Washington University School of Medicine in St. Louis entdeckten, dass das Mikrobiom unterernährter Kinder in Malawi im Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Kindern unterentwickelt blieb. In Experimenten mit keimfrei aufgezogenen Mäusen konnte das Team zeigen, dass die veränderte Darmflora unterernährter Kinder zusammen mit mangelnder Ernährung auch bei Mäusen Wachstumsstörungen verursachte.

In einer weiteren Studie fanden die Forscher heraus, dass bei Müttern von Kindern mit unterentwickeltem Mikrobiom weniger HMO in der Muttermilch enthalten waren. Durch die Gabe bestimmter Milcholigosaccharide konnten sie bei Mäusen die Defizite wieder ausgleichen. „Die nächsten Schritte, die wir aktiv verfolgen, sind die Entwicklung neuer Ernährungsinterventionen, die auf die Mikrobiota ausgerichtet sind, und die die Anzahl und positiven Effekte der wachstumsfördernden Bakterien stärken, die wir identifiziert haben“, sagt Gordon, der Leiter der Forschungsarbeiten.

Die Darmflora kann durch gesunde Ernährung und Präbiotika gestärkt werden

Mit dem Ziel der Prävention und Behandlung vieler Krankheiten, erforschen Wissenschaftler weltweit Methoden, die eine gesunde Darmflora erhalten oder wieder herstellen können. Einer der Ansätze sind Präbiotika, für den Menschen unverdauliche Nahrungsbestandteile, die spezifisch das Wachstum günstiger Darmbakterien fördern. In der Ernährung Erwachsener übernehmen Ballaststoffe aus Obst, Gemüse und Getreide diese Funktion. Bei Säuglingen wirken die humanen Milcholigosaccharide präbiotisch auf die Entwicklung der Darmflora.

Damit Babys, deren Mütter nicht stillen können oder wollen, auch die positiven Effekte der HMO erhalten, können die Oligosaccharide als Zusatz in Ersatzmilchnahrung eingesetzt werden. „HMO sind seit 50 Jahren wissenschaftlich bekannt, aber erst seit kurzem kann eines davon industriell hergestellt werden“, erklärt Prof. Vandenplas. Nur das Oligosaccharid 2‘-Fucosyllactose (2‘-FL) sei bisher kommerziell als Zusatz in Babynahrung erhältlich. Die Herstellung und Wirkung weiterer HMOs werde zur Zeit erforscht. Erste klinische Studien haben bereits eine gute Verträglichkeit für Babys gezeigt und weisen auf positive Wirkungen hin. „HMO in Säuglingsmilchnahrung stimulieren die Entwicklung eines bifidogenen Mikrobioms, die Art von Mikrobiom, das wir bei gestillten Kindern sehen“, sagt Vandenplas, „das ist wichtig für eine balancierte Entwicklung des Immunsystems.“
Auch bei Erwachsenen werden Prä- und Probiotika zum Aufbau und Erhalt einer gesunden Darmflora erforscht. Sie könnten in Zukunft zur Behandlung von Übergewicht, Allergien oder entzündlichen Darmerkrankungen beitragen. Schon jetzt wird jedoch klar, Vorsorge sollte bereits bei der Geburt beginnen.

Das Unternehmen
Die Jennewein Biotechnologie GmbH wurde im Mai 2005 gegründet und hat seitdem ein innovatives Verfahren zur Herstellung humaner Milch-Oligosaccharide (HMOs) im industriellen Maßstab entwickelt. Das Verfahren basiert auf einer im Rahmen eigener wissenschaftlicher Forschung speziell entwickelten Fermentationstechnik.

Humane Milch-Oligosaccharide sind funktionelle Zucker, welche nach Laktose und Lipiden den drittgrößten Anteil der festen Bestandteile menschlicher Muttermilch bilden. Die Anzahl unterschiedlicher HMOs wird heute auf 150 – 200 geschätzt. Aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften können diese seltenen Zucker in der Nahrungsmittelindustrie, Pharma- sowie Kosmetikindustrie eingesetzt werden. Sie haben vielfältige gesundheitsfördernde Wirkungen.
So wurde z. B. in wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen, dass sich humane Milch-Oligosaccharide positiv auf die Entwicklung der Darmflora bei Säuglingen auswirken und vor pathogen bedingten Infektionen schützen. Weitere Studien belegen außerdem, dass sie vor Norovirusinfektionen schützen, sich stabilisierend auf das Immunsystem auswirken und die neuronale Entwicklung von Säuglingen fördern.

2015 erhielt das Unternehmen die Zulassung für das HMO 2‘-Fucosyllactose für den US-amerikanischen und 2017 für den europäischen Markt. Die von Jennewein biotechnologisch hergestellten HMOs sind für als koscher und halal zertifizierte Produkte zugelassen.

Contact

Jennewein Biotechnologie GmbH

Mildred-Scheel-Str. 1
53175 Bonn
Deutschland

+49 (0) 2224 989 4502

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