Fooddesign, Hygiene und Überwachung
Lebensmittelfälschung: Informationen sind die beste Waffe dagegen
Fresenius-Intensivtagung in Mainz diskutierte Maßnahmen zur Vorbeugung und Abwehr von Food Fraud
Die neue Version des internationalen Lebensmittelstandards IFS Food 6.1 ist seit Ende 2017 veröffentlicht. Sie enthält ein ergänztes Kapitel über die Verhinderung von „Food Fraud“: Fälschung von und Betrug mit unechten Lebensmitteln. Das setzt die Hersteller unter Zugzwang: Sie müssen ihr Risikomanagement konkretisieren und ihre Lieferanten und Lieferketten genau im Blick haben. Aus diesem aktuellen Anlass veranstaltete die Akademie Fresenius am 6. Februar in Mainz eine Intensivtagung speziell zum Thema Food Fraud.
Auf der Tagung nahmen Analytik-Experten, Rechtsanwälte und Fachleute für Qualitätsmanagement die unterschiedlichen Facetten des Phänomens Food Fraud in den Blick: Wie können Unternehmen ihre Food Fraud-Gefährdung richtig einschätzen? Wie lassen sich Betrug und Irreführung rechtlich abgrenzen? Und vor allem: Welche Schutzmaßnahmen entlang der Supply-Chain müssen die Unternehmen jetzt ergreifen?
Neue Dimensionen eines bekannten Problems Lebensmittelfälschung, neudeutsch: Food Fraud, ist alles andere als ein modernes Problem, wie Markus Fischer, Direktor der Hamburg School of Food Science (HSFS) an der Universität Hamburg, betonte. Vermischungen von Rohstoffen habe es schon immer gegeben. Allerdings führen globale Materialzyklen mit immer mehr Stationen in der Liefer- und Erzeugungskette dazu, dass die Nachvollziehbarkeit immer schwieriger wird.
Abwehr beginnt im eigenen Haus Markus Fischer betonte ebenso wie andere Redner der Fresenius-Intensivtagung, dass Verfälschungen nicht immer aus krimineller Absicht geschehen. Vermischungen und Beimengungen minderwertiger Ware können bereits bei der Ernte oder Produktion auftreten, z. B. wenn unterschiedliche Qualitätsstufen pflanzlicher Rohstoffe nahe beieinander angebaut werden oder wenn auf derselben Produktionslinie unterschiedliche Produkte hergestellt werden. Das Problem hat dann der Lebensmittel-Inverkehrbringer, denn die Überprüfung der Lebensmittelrohstoffe ist meist nur anhand der beiliegenden Frachtpapiere möglich. Was also tun? Die Prävention beginnt im eigenen Haus: Rechtsanwalt Markus Grube (Gummersbach) rät den Unternehmen zur „Bewertung der eigenen Verletzbarkeit“. Zudem gelte es, die Einkaufsabteilung entsprechend zu sensibilisieren und ein schlüssiges System der Lieferantenbewertung und Lieferantenaudits einzurichten und zu pflegen.
Auditoren benötigen forensische Fragetechniken Der Unternehmensberater Ulrich Nöhle empfiehlt den Unternehmen, bei der Durchführung der Audits bei Lieferanten die eigene Kommunikationskompetenz zu perfektionieren und forensische Fragetechniken anzuwenden, z. B. offene statt geschlossene Fragen zu stellen und auch auf die Körpersprache und nonverbale Signale zu achten. Ein „betriebswirtschaftlich orientiertes Fragemanagement“ konzentriert sich nicht nur auf das Endprodukt, sondern bezieht sich auch auf alle Prozesse und Vorstufen beim Lieferanten. D. h.: „Wer betriebswirtschaftlich motivierte Abweichungen, die den Verdacht auf Food Fraud erhärten, erkennen will, muss einiges tun: Sich in Betriebswirtschaft fortbilden, sich in forensischer Fragetechnik üben und im Team mit anderen Kompetenzträgern arbeiten können“, so Nöhle.
Prävention durch Marktbeobachtung Die Aufdeckung von Lebensmittelfälschungen im Audit bleibt schwierig. Das bestätigten auf der Tagung auch die Experten aus der Praxis: „Ich sehe fast keine Möglichkeiten, allein durch ein Lieferantenmanagement Produkt-Verfälschungen in der gesamten Lieferkette restlos aufzudecken“, gab z. B. Jürgen Schlösser von Dr. August Oetker Nahrungsmittel (Bielefeld) unumwunden zu. Umso wichtiger sei deshalb die tägliche Überprüfung weltweiter Warnmeldungen. Auch Markus Grube empfiehlt die systematische Beobachtung des Marktes, insbesondere mit Blick auf Rohstoffverknappung und Preissteigerungen, um Fälschern frühzeitig auf die Schliche zu kommen.
Food Fingerprinting Markus Fischer hat sich mit der HSFS zum Ziel gesetzt, robuste analytische Methoden zu entwickeln, die eine zeitnahe Überprüfung der Echtheit vor allem bei Rohware ermöglichen sollen. Er sieht Möglichkeiten für das Erkennen von Lebensmittelfälschungen im „Food Fingerprinting“, der Suche nach Unterschieden durch den Vergleich molekularer oder submolekularer Profile – ein Verfahren, das allerdings „beliebig komplex und teuer“ sein kann, so Fischer. Die Zusammenführung von Technologien und Datensätzen ergibt einen multidimensionalen Blick auf eine Probe und eine zugeordnete Referenz. Voraussetzung ist allerdings verlässliches Referenzmaterial – angesichts der globalen Lieferungsketten ist das eine große Herausforderung. Die globale Erfassung des Referenzmaterials mache umfassende Planung erforderlich, so Fischer. Vereinfachungen für das aufwendige Verfahren des „Food Fingerprintings“ sieht er im „Mini Fingerprinting“, bei dem sich die Analytiker hypothensengetrieben auf wenige stabile Unterschiede konzentrieren. Dieses Verfahren sei routinefähig, kosteneffizient und einfach anwendbar. Zum Ausbau und zur Verbreitung von Verfahren wie das des Food Fingerprintings wünscht sich Markus Fischer den Ausbau der Zusammenarbeit zwischen akademischen Forschungsinstituten und der Lebensmittelindustrie.
Neue EU-Kontrollverordnung Axel Preuß vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Oldenburg) betrachtete die neue EU-Kontrollverordnung und ihre Herausforderungen für die Kontrolleure. Die neue Verordnung definiert europaweit die Anforderungen an amtliche Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen. Sie harmonisiert, bündelt und optimiert bisherige europäische Rechtsvorschriften. Sie enthält wesentliche Neuerungen. So regelt sie z. B. die Einrichtung eines computergestützten Informationssystems zur Verwaltung von Informationen und Daten über die amtlichen Kontrollen. Zudem regelt sie die amtlichen Kontrollen: Die zuständigen Behörden unterziehen alle Unternehmer regelmäßig risikobasiert und mit angemessener Häufigkeit amtlichen Kontrollen; dabei berücksichtigen sie alle Informationen, die darauf hindeuten, dass die Verbraucher insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Ursprungsland oder Herkunftsort und Herstellungsmethode irregeführt werden könnten.
Neue Dimensionen eines bekannten Problems Lebensmittelfälschung, neudeutsch: Food Fraud, ist alles andere als ein modernes Problem, wie Markus Fischer, Direktor der Hamburg School of Food Science (HSFS) an der Universität Hamburg, betonte. Vermischungen von Rohstoffen habe es schon immer gegeben. Allerdings führen globale Materialzyklen mit immer mehr Stationen in der Liefer- und Erzeugungskette dazu, dass die Nachvollziehbarkeit immer schwieriger wird.
Abwehr beginnt im eigenen Haus Markus Fischer betonte ebenso wie andere Redner der Fresenius-Intensivtagung, dass Verfälschungen nicht immer aus krimineller Absicht geschehen. Vermischungen und Beimengungen minderwertiger Ware können bereits bei der Ernte oder Produktion auftreten, z. B. wenn unterschiedliche Qualitätsstufen pflanzlicher Rohstoffe nahe beieinander angebaut werden oder wenn auf derselben Produktionslinie unterschiedliche Produkte hergestellt werden. Das Problem hat dann der Lebensmittel-Inverkehrbringer, denn die Überprüfung der Lebensmittelrohstoffe ist meist nur anhand der beiliegenden Frachtpapiere möglich. Was also tun? Die Prävention beginnt im eigenen Haus: Rechtsanwalt Markus Grube (Gummersbach) rät den Unternehmen zur „Bewertung der eigenen Verletzbarkeit“. Zudem gelte es, die Einkaufsabteilung entsprechend zu sensibilisieren und ein schlüssiges System der Lieferantenbewertung und Lieferantenaudits einzurichten und zu pflegen.
Auditoren benötigen forensische Fragetechniken Der Unternehmensberater Ulrich Nöhle empfiehlt den Unternehmen, bei der Durchführung der Audits bei Lieferanten die eigene Kommunikationskompetenz zu perfektionieren und forensische Fragetechniken anzuwenden, z. B. offene statt geschlossene Fragen zu stellen und auch auf die Körpersprache und nonverbale Signale zu achten. Ein „betriebswirtschaftlich orientiertes Fragemanagement“ konzentriert sich nicht nur auf das Endprodukt, sondern bezieht sich auch auf alle Prozesse und Vorstufen beim Lieferanten. D. h.: „Wer betriebswirtschaftlich motivierte Abweichungen, die den Verdacht auf Food Fraud erhärten, erkennen will, muss einiges tun: Sich in Betriebswirtschaft fortbilden, sich in forensischer Fragetechnik üben und im Team mit anderen Kompetenzträgern arbeiten können“, so Nöhle.
Prävention durch Marktbeobachtung Die Aufdeckung von Lebensmittelfälschungen im Audit bleibt schwierig. Das bestätigten auf der Tagung auch die Experten aus der Praxis: „Ich sehe fast keine Möglichkeiten, allein durch ein Lieferantenmanagement Produkt-Verfälschungen in der gesamten Lieferkette restlos aufzudecken“, gab z. B. Jürgen Schlösser von Dr. August Oetker Nahrungsmittel (Bielefeld) unumwunden zu. Umso wichtiger sei deshalb die tägliche Überprüfung weltweiter Warnmeldungen. Auch Markus Grube empfiehlt die systematische Beobachtung des Marktes, insbesondere mit Blick auf Rohstoffverknappung und Preissteigerungen, um Fälschern frühzeitig auf die Schliche zu kommen.
Food Fingerprinting Markus Fischer hat sich mit der HSFS zum Ziel gesetzt, robuste analytische Methoden zu entwickeln, die eine zeitnahe Überprüfung der Echtheit vor allem bei Rohware ermöglichen sollen. Er sieht Möglichkeiten für das Erkennen von Lebensmittelfälschungen im „Food Fingerprinting“, der Suche nach Unterschieden durch den Vergleich molekularer oder submolekularer Profile – ein Verfahren, das allerdings „beliebig komplex und teuer“ sein kann, so Fischer. Die Zusammenführung von Technologien und Datensätzen ergibt einen multidimensionalen Blick auf eine Probe und eine zugeordnete Referenz. Voraussetzung ist allerdings verlässliches Referenzmaterial – angesichts der globalen Lieferungsketten ist das eine große Herausforderung. Die globale Erfassung des Referenzmaterials mache umfassende Planung erforderlich, so Fischer. Vereinfachungen für das aufwendige Verfahren des „Food Fingerprintings“ sieht er im „Mini Fingerprinting“, bei dem sich die Analytiker hypothensengetrieben auf wenige stabile Unterschiede konzentrieren. Dieses Verfahren sei routinefähig, kosteneffizient und einfach anwendbar. Zum Ausbau und zur Verbreitung von Verfahren wie das des Food Fingerprintings wünscht sich Markus Fischer den Ausbau der Zusammenarbeit zwischen akademischen Forschungsinstituten und der Lebensmittelindustrie.
Neue EU-Kontrollverordnung Axel Preuß vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Oldenburg) betrachtete die neue EU-Kontrollverordnung und ihre Herausforderungen für die Kontrolleure. Die neue Verordnung definiert europaweit die Anforderungen an amtliche Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen. Sie harmonisiert, bündelt und optimiert bisherige europäische Rechtsvorschriften. Sie enthält wesentliche Neuerungen. So regelt sie z. B. die Einrichtung eines computergestützten Informationssystems zur Verwaltung von Informationen und Daten über die amtlichen Kontrollen. Zudem regelt sie die amtlichen Kontrollen: Die zuständigen Behörden unterziehen alle Unternehmer regelmäßig risikobasiert und mit angemessener Häufigkeit amtlichen Kontrollen; dabei berücksichtigen sie alle Informationen, die darauf hindeuten, dass die Verbraucher insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Ursprungsland oder Herkunftsort und Herstellungsmethode irregeführt werden könnten.
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